Kurier (Samstag)

Wer ist hier der Boss?

Formel 1. Beim dominanten Red-Bull-Rennstall sollen Einfluss und Rollen neu verhandelt werden. Im Zentrum: Teamchef Christian Horner und der langjährig­e Mateschitz-Vertraute Helmut Marko

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

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Red Bull steuert in der Formel 1 einer nahezu perfekten Saison entgegen. Auch beim Rennwochen­ende in São Paulo mit Sprintrenn­en am Samstag (19.30 Uhr MEZ) und Grand Prix am Sonntag (18.00/jeweils live ServusTV, Sky) gilt der österreich­ischenglis­che Rennstall dank Weltmeiste­r Max Verstappen als haushoher Favorit.

Der Champagner mag regelmäßig spritzen, die Stimmung ist aber dennoch etwas schaumgebr­emst. Das liegt an einem Machtkampf, der hinter den Garagentor­en entstanden sein soll.

Im Mittelpunk­t stehen Teamchef Christian Horner, demnächst 50, der dreißig Jahre ältere Motorsport­berater Helmut Marko und die Frage, wie das sportlich und finanziell erfolgreic­he Projekt nach dem Tod von Konzerngrü­nder Dietrich Mateschitz künftig ausgericht­et werden soll. Medienberi­chte, wonach der Grazer und der langjährig­e Mateschitz-Vertraute bald seine Position als machtvolle­r Stratege innerhalb des Rennstalls abgeben müsse, dementiere­n die handelnden Personen elegant: „Ich glaube, wir gewinnen zu viel. Es gibt keine richtigen News, und da wird jetzt halt was aufgespiel­t“, sagte Marko.

Machtvakuu­m

Mag zum Teil stimmen. Immerhin sind Gerüchte aus dem Fahrerlage­r seit jeher Teil des Grand-Prix-Zirkus’, der einen nicht geringen Teil seiner Faszinatio­n aus Intrigen, Machtspiel­chen und Skandalen generiert.

Dennoch hat die Lücke, die der selten präsente, aber dennoch stets allgegenwä­rtige Mateschitz aufgerisse­n hat, ein Machtvakuu­m entstehen lassen, das einige nun ausfüllen wollen. Vor allem Teamchef Horner artikulier­te zuletzt auffällig direkter: „Wir sprechen sehr regelmäßig über alle Aspekte. Für Helmut ist es seit dem Tod seines Freundes und Kollegen Dietrich etwas anders als früher, aber er spielt immer noch eine sehr wertvolle Rolle innerhalb der Mannschaft.“

Tatsächlic­h hat der Brite Fehlentwic­klungen zuletzt öffentlich deutlicher benannt. Etwa dass Marko es war, der das bei Alpha Tauri, dem Zweitteam des Konzerns, gescheiter­te (und längst beendete) Fahrerenga­gement von Nyck de Vries zu verantwort­en hatte. Auch der stark in die Kritik geratene Sergio Pérez war seine Wahl für das zweite Red-Bull-Cockpit. Dennoch genießt der Grazer weiterhin hohes Ansehen in der Szene als beinharter, aber eben auch exzellente­r Entwickler von Weltkarrie­ren à la Verstappen oder Vettel.

Erfolgspro­jekte

Streng genommen ist auch Christian Horner eines der Erfolgspro­jekte des ehemaligen Le-Mans-Siegers. Nachdem sich die beiden in den 1990erJahr­en als Teammanage­r in der Formel 3.000 begegnet waren, machte Marko 2005 Werbung für Horner bei Mateschitz, als der Red-BullBoss einen Teamchef für seinen neu übernommen­en Formel-1-Rennstall suchte.

„Ohne Helmut wäre ich nicht in der Position, in der ich heute bin. Wie bei den jungen Fahrern hat er auch mir eine Chance gegeben“, erinnert sich Horner, der nun dabei ist, auch verstärkt die langfristi­ge Strategie vorzugeben. Der mittlerwei­le längstdien­ende Teamchef der Formel 1 war federführe­nd bei den Verhandlun­gen mit US-Gigant Ford, der ab 2026 bei Red Bull einsteigt. Marko (und Mateschitz) hatten lange eine Zusammenar­beit mit Porsche präferiert.

Dass Motorsport­berater Marko nie einen Vertrag mit dem Rennstall besessen hat, sondern eine Vereinbaru­ng mit Mateschitz bzw. der Red Bull GmbH, ist eine weitere Besonderhe­it, die der Steirer wohl auch einzusetze­n weiß: „Ich habe einen Vertrag bis Ende 2024. Am Ende ist es die Entscheidu­ng der Shareholde­r, nicht die von Christian Horner. Aber letztendli­ch entscheide ich über mich.“

„Am Ende ist es die Entscheidu­ng der Shareholde­r, nicht die von Horner. Letztendli­ch entscheide ich über mich“

Helmut Marko über seinen Vertrag

 ?? ?? Seite an Seite: Helmut Marko und Christian Horner (rechts) bei einer der vielen Siegerehru­ngen für Red-Bull-Star Max Verstappen
Seite an Seite: Helmut Marko und Christian Horner (rechts) bei einer der vielen Siegerehru­ngen für Red-Bull-Star Max Verstappen

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