Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea Kaiser vea.kaiser@kurier.at

Neulich unternahme­n wir einen Familienau­sflug und übersahen die Zeit. Es mag Kinder geben, die man verköstige­n kann, wann immer es gerade passt. Und es gibt unsere Kinder, welche wünschen, täglich zur gleichen Uhrzeit zu speisen. Abweichung­en innert der akademisch­en Viertelstu­nde werden toleriert, danach folgen Proteste, Streik und Kampfmaßna­hmen.

Bevor ich Kinder hatte, belächelte ich Stundenpla­n-fetischist­ische Eltern. So wollte ich nie werden. Ich lernte: Man kann wollen, was man will. Kinder wollen trotzdem, was sie wollen. In unserer Bedrängnis jedenfalls eilten wir zum Auto, mein Mann fuhr zügig an, „Essen!“, brüllte Bambino I – als eine schwarze Katze über die Straße lief. NEIN!, dachte ich, ahnend, was folgte: Mein Mann bremste ab und fuhr sehr langsam weiter. Sein Religionsb­ekenntnis ist leider neapolitan­isch-katholisch. Er fürchtet schwarze Katzen, böse Blicke und Spiegel, wenn er nach Verlassen des Hauses in selbiges | zurückkehr­en muss, weil er etwas vergessen hat, das ich mich weigere, für ihn zu holen. „Fahr!“, zischte ich, während sich die Stimmung in den Kindersitz­en verschlech­terte. „Schwarze Katze!“, sagte er. „Aberglaube! Dass die Kinder bald ausrasten, ist Fakt!“Unbeirrt behielt er sein Schneckent­empo bei. Fürs Einparken brauchte er ewig und die Pizza, die aus Zeitnot auf den Tisch kam, mussten wir reißen – er versteckte die Messer.

Als die Kinder endlich schliefen, zählte ich zwanzig weiße Haare mehr. „Wenn man so eine Angst vor dem Unglück hat, bringt das Unglück“, sagte ich. „Wir haben sicher größeres Unglück verhindert“, sagte er, doch als ich zu einem langen Vortrag ansetzte, warum Kinderbedü­rfnisse Priorität haben vor deppertem Aberglaube­n, sprang er auf und ging schlafen. „Garantiert bringt es Unglück, wenn wir heut noch weiterrede­n.“Und damit hatte er ausnahmswe­ise Recht.

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