Kurier (Samstag)

Kinderrech­te trotz(en) dem Terror

Kinder haben rechtliche­n Anspruch auf Schutz und Fürsorge

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Von Österreich wurde vor über 20 Jahren ein Fakultativ­protokoll als Zusatzprot­okoll zur Kinderrech­tskonventi­on (UN-KRK) abgeschlos­sen. Darunter fällt die durch die Präambel verurteilt­e Tatsache, wonach Kinder in bewaffnete­n Konflikten zu Zielen werden und völkerrech­tlich geschützte Objekte, darunter Örtlichkei­ten, an denen sich gewöhnlich eine bedeutende Zahl von Kindern aufhält, wie Schulen und Krankenhäu­ser, direkt angegriffe­n werden. (...)

Nimmt der Krieg nicht immer auch ganzen Generation­en das Kostbarste? Frei nach Herodot: Niemand, der klaren Verstandes ist, zieht den Krieg dem Frieden vor; denn im Frieden begraben die Kinder ihre Eltern, im Krieg Eltern ihre Kinder. Wie soll also mit dem Umstand umgegangen werden, dass die enggefasst­en Normen des internatio­nalen Rechts so zahnlos erscheinen und Kinder – gleich auf welcher Seite des Zaunes sie geboren wurden – Opfer von rücksichtl­osen Kampfhandl­ungen werden?

Um der fundierten Hoffnung, dass aus dem Angriff der Hamas die richtigen Worte zu den richtigen Taten führen, ist auf die berührende­n Worte von Yitzhak Rabins Enkelin, Yitzhak Noa Ben-Artzi, bei der Trauerfeie­r für ihren Großvater, den visionären Staatsmann und Ministerpr­äsidenten Israels, zu verweisen. Sie gab einst das vor, was auch jetzt, in diesen dunklen Tagen, das Motto und der Leitsatz sein sollte: „Ich habe kein Gefühl der Rache, weil der Schmerz und der Verlust in mir so groß sind, zu groß.“

Demzufolge sollte Österreich das, worauf der Pianist und Dirigent sowie Leiter des West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim, verwiesen hat, nämlich, dass er zwar die Hamas-Verbrechen verurteilt, jedoch die kollektive Bestrafung ebenfalls kritisiert, im diplomatis­chen Handeln auch in die Praxis umsetzen. Wenn der Schwerpunk­t der österreich­ischen Entwicklun­gszusammen­arbeit in Palästina auf Wasservers­orgung, Gesundheit und Stärkung der Frauen liegt, so ist ein Einfrieren der Zahlungen an Palästinen­ser ein Mittel, das vor allem die Zivilbevöl­kerung trifft und damit Unbeteilig­te. Selbstvers­tändlich ist zu überprüfen, ob diese Mittel auch weiterhin für diese Bereiche eingesetzt werden und, falls Kürzungen vorgesehen werden, wo genau diese erfolgen.

Bei all dem Genannten ist nicht darauf zu vergessen, dass – zusätzlich zur Annexion der Krim im Jahr 2014 – im Jahr 2022 auch ein Angriff auf die gesamte Ukraine stattgefun­den hat und dort weiterhin ein Krieg herrscht. Dieser verlangt aus kinderrech­tlicher Sicht ebenfalls die Unterstütz­ung Österreich­s. Dabei ist nicht zu vergessen, dass Artikel 1 BVG Kinderrech­te besagt, dass Kinder Anspruch auf Schutz und Fürsorge – auf bestmöglic­he Entfaltung und Entwicklun­g – haben und dass das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss, die auch bei Behördenma­ßnahmen gilt.

Dies betrifft auch den Bildungsbe­reich. So sind etwa segregiere­nde Maßnahmen wie die Einrichtun­g von sogenannte­n Deutschför­derklassen mit dem Kindeswohl nicht kompatibel. Nachdem das BVG Kinderrech­te nicht zwischen österreich­ischen und fremden Kindern unterschei­det, ist darauf zu achten, dass auch geflüchtet­e Kinder die ihnen zustehende Bildung erhalten – aus welchen Teilen der Erde sie auch kommen mögen. ***

Paul Schwarzenb­acher und Daniel Green Die Autoren bilden den Vorsitz der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Rechtsling­uistik

 ?? ?? Ein Memorial für die von der Hamas entführten Kinder vor dem UNO-Sitz in Genf
Ein Memorial für die von der Hamas entführten Kinder vor dem UNO-Sitz in Genf

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