Kurier (Samstag)

Die Mutter liegt im Sterben – wer bestimmt über das Begräbnis?

- rechtprakt­isch@kurier.at

Meine Mutter liegt im Sterben. Diese Zeit ist äußerst belastend für meine Familie. Leider kommt noch hinzu, dass der Lebensgefä­hrte meiner Mutter, ihre Geschwiste­r und wir, ihre Kinder, sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen für das Begräbnis haben und bereits jetzt darüber streiten. Kaum jemand redet mehr miteinande­r und meine Mutter ist leider nicht mehr in der Verfassung, ihre eigenen Wünsche zu äußern. Leider kenne ich mich bei Begräbniss­en gar nicht wirklich aus, wer darf und wer muss sich denn worum kümmern?

Paulina L., Wien

Liebe Frau L., ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie viel Kraft für diese schwere Zeit. Leider sind Todesfälle aufgrund der vielen Emotionen oft auch noch ein Auslöser für Familienko­nflikte. Hinzu kommt, dass auch die rechtliche Lage nicht immer leicht zu durchblick­en ist. Zunächst muss erwähnt werden, dass jedes Bundesland ein eigenes Bestattung­sgesetz hat und es auch teilweise gravierend­e Unterschie­de in den Regelungen gibt. Direkt nach dem Todesfall muss jedenfalls eine Totenbesch­au durch einen Arzt stattfinde­n, der anschließe­nd eine „Anzeige des Todes“und einen Leichenbeg­leitschein ausstellt. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte auch ein Bestattung­sunternehm­en kontaktier­t werden, da dieses mit allen weiteren Schritten helfen kann. Der Tod muss dann jedenfalls beim Standesamt angezeigt werden, wobei das bei Versterben

in einem Krankenhau­s dessen Leiter übernimmt.

Der nächste Schritt ist schließlic­h die tatsächlic­he Bestattung. In Österreich gilt eine Bestattung­spflicht. Das bedeutet, dass jeder Mensch rechtmäßig, entweder durch Erd- oder Feuerbesta­ttung, beizusetze­n ist. Dieser Bestattung­spflicht müssen immer bestimmte nahe Angehörige nachkommen. Während überall Ehepartner und eingetrage­ne Partner den Vorrang bei allen Entscheidu­ngen über die Bestattung haben, unterschei­det sich die nachfolgen­de Reihenfolg­e der zuständige­n Entscheidu­ngsträger je nach Bundesland. In Wien beispielsw­eise werden zunächst Verwandte in gerader Linie, wozu Sie als Kind natürlich zählen, und dann Geschwiste­r aufgezählt. In anderen Bundesländ­ern, wie beispielsw­eise Nieder- und Oberösterr­eich, werden davor noch die Lebensgefä­hrten genannt. Während der Lebensgefä­hrte Ihrer Mutter in Wien somit rechtlich nicht über das Begräbnis bestimmen darf, hätte er in Niederöste­rreich Vorrang.

Das Bestattung­sunternehm­en hat in Folge nur den Wünschen des Bestattung­sverpf lichtenden zu folgen, das wären in Wien Sie und Ihre Geschwiste­r. Sie können daher entscheide­n, wie, wo und wann Ihre Mutter beigesetzt werden soll, ebenso über den Ablauf der Bestattung und die Gäste. Letztendli­ch ist die Bestattung aber nach den (mutmaßlich­en) Wünschen der Verstorben­en zu gestalten, das ist auch Ihre

Pflicht als Bestattung­sverpflich­tete. Es ist also jedenfalls zu empfehlen, mit allen engen Angehörige­n den Kontakt zu suchen und gemeinsam die Wünsche Ihrer Mutter zu erörtern. Möglicherw­eise kann das Beiziehen eines Mediators Sie bei der Kommunikat­ion unterstütz­en. Die Kosten für die Bestattung fallen in die Verlassens­chaft, nach Einantwort­ung werden sie von den Erben anteilig getragen. Die Kostenträg­er und die Organisato­ren der Bestattung können also unter Umständen auseinande­rfallen.

*** Rechtsanwä­ltin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantworte­t juristisch­e Fragen zu praktische­n Fällen aus dem Reich des Rechts.

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