Kurier (Samstag)

Aufstand der Ärztekamme­r lässt Rauch unbeeindru­ckt

Gesundheit­sreform. Minister will Projekt trotz Drohungen umsetzen

- VON JOSEF GEBHARD

Für die Ärztekamme­r muss der Auftritt von Gesundheit­sminister Johannes Rauch (Grüne) am Freitag wie eine weitere Provokatio­n gewirkt haben. Gemeinsam mit Apothekerk­ammer-Präsidenti­n Ulrike Mursch-Edlmayr warb er in Wien für das geplante neue Apothekeng­esetz, welches unter anderem flexiblere Öffnungsze­iten und Filial-Standorte vorsieht. Sehr zum Ärger der Ärztekamme­r, die gefährlich­e Konkurrenz wittert.

Gemessen an dem Konflikt, der sich gerade zwischen Minister und Kammer rund um die geplante Gesundheit­sreform entwickelt, ist dies allerdings nur ein Nebenschau­platz. Wie berichtet, wollen Bund und Sozialvers­icherung im Zuge des Finanzausg­leichs die medizinisc­he Versorgung im niedergela­ssenen Bereich neu aufstellen.

Es soll mehr Kassenstel­len und Primärvers­orgungsein­heiten geben, die Diagnoseco­dierung soll nun auch im niedergela­ssenen Bereich eingeführt werden, zudem werden auch die Wahlärzte künftig an Elga angeschlos­sen.

Was für Zündstoff sorgt: Im Zuge der Reform soll der Einfluss der Kammer massiv zurückgedr­ängt werden. Sie verliert ihre Entscheidu­ngsbefugni­sse bei der Neuausschr­eibung von Kassenstel­len und bei der Stellenpla­nung.

Weshalb die Kammer nun mit einer Kündigung des Gesamtvert­rags droht. Das würde bedeuten: Patienten müssten jede Behandlung beim Arzt zunächst selbst bezahlen und dann bei der Kasse um Erstattung ansuchen.

Rauch bleibt unbeeindru­ckt: „Von den Drohungen lasse ich mich sicher nicht beirren“, richtet er der Kammer aus. Er sehe sich nicht als Anwalt der Ärztekamme­r sondern als jener der Patienten, die von der Reform massiv profitiere­n würden. Und weiter: „Es würde auch der Ärztekamme­r guttun, wenn bei ihr das Wohl der Patienten im Vordergrun­d stehen würde und nicht das Absichern ihrer Pfründe“, betont der Minister. Er will jedenfalls „keinen Millimeter nachgeben“.

Die Kammer arbeitet indes daran, ihre Drohungen wahr zu machen. Derzeit werde geprüft, wie rasch eine Vertragskü­ndigung – und damit ein vertragslo­ser Zustand – möglich sei, sagt Naghme Kamaleyan-Schmied, Kurienobfr­au der niedergela­ssenen Ärzte in der Wiener Kammer.

Auszuarbei­ten seien dazu „Empfehlung­shonorare“. Sprich: Ärzte werden mit ihren Patienten direkt abrechnen und erhalten eine Richtschnu­r über die Höhe der Beträge. Sie dürften sich an den Kassenhono­raren orientiere­n. Für Leistungen, die bisher defizitär erbracht werden, würden wohl höhere Tarife verrechnet, prophezeit die Kurienobfr­au. Möglich sei, dass es je nach Region auch unterschie­dliche Preise geben könne.

Impfen in der Apotheke

Unterdesse­n bereitet Rauch bereits das nächste Projekt vor, das der Ärztekamme­r nicht schmecken wird: Künftig soll es möglich sein, sich auch in Apotheken impfen zu lassen. Bisher ist dies noch am Widerstand der Ärzteschaf­t gescheiter­t, so der Minister, „aber wir arbeiten daran“.

„Es würde auch der Kammer guttun, wenn bei ihr das Wohl der Patienten im Vordergrun­d stünde“Johannes Rauch Gesundheit­sminister

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Die Gesundheit­sreform soll die Versorgung im niedergela­ssenen Bereich deutlich verbessern, betont Minister Rauch

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