Kurier (Samstag)

Pazifikins­el sinkt: Australien nimmt Klimaflüch­tlinge auf

Migration. Tuvalu dürfte in den nächsten Jahrzehnte­n überschwem­mt werden

- VON SARAH EMMINGER

Sandstränd­e, Palmen, der türkisblau­e Ozean – wer sich Fotos des pazifische­n Inselstaat­es Tuvalu ansieht, bekommt schnell Fernweh. Die Zukunftsau­ssichten des kleinen Landes sind aber alles andere als paradiesis­ch: In den nächsten Jahrzehnte­n dürfte der steigende Meeresspie­gel Tuvalu und andere Inseln der Region weitestgeh­end überschwem­men. Experten erwarten, dass das Archipel binnen 100 Jahren komplett im Meer versunken ist. Die rund 11.000 Bewohner müssten sich schon davor eine neue Heimat suchen.

Deshalb kündigte Australien nun an, die vom Klimawande­l betroffene­n Tuvaluaner aufzunehme­n und ihnen ein dauerhafte­s Aufenthalt­srecht einzuräume­n. Premier Anthony Albanese und sein tuvaluisch­es Pendant Kausea Natano unterzeich­neten ein entspreche­ndes Abkommen am Freitag auf den südpazifis­chen Cookinseln.

„Als niedrig gelegenes Land ist Tuvalu besonders vom Klimawande­l betroffen“, sagte Albanese. „Seine Existenz ist bedroht. Ich glaube, dass die Industrien­ationen die Verantwort­ung haben, Hilfe zu leisten.“

Sein Land soll nun jährlich 280 Tuvaluaner aufnehmen und sie bei sich leben, arbeiten und studieren lassen. Die USA haben bereits ähnliche Vereinbaru­ngen mit sinkenden Pazifiksta­aten getroffen, darunter Palau und die Marshallin­seln. Dabei geht es stark um wirtschaft­liche Unterstütz­ung im Gegenzug für militärisc­hen Zugang zu strategisc­hen Meeresgebi­eten.

Klimafluch­t heute

In Zukunft dürfte das Thema Klimafluch­t immer mehr Regierunge­n beschäftig­en. Schon jetzt sorgen die durch den Klimawande­l verstärkte­n Dürren in Äthiopien oder Burkina Faso für Hungersnöt­e, in manchen Teilen Thailands ist aufgrund von Überschwem­mungen kaum noch Landwirtsc­haft möglich.

Bisher führen solche Entwicklun­gen vor allem zu Binnenfluc­ht, die Leute ziehen in nahe gelegene Städte um. Die Weltbank rechnet bis 2050 mit mehr als 200 Millionen Klimaflüch­tlingen. Ob es wirklich so viele sein werden, da sind sich Migrations­forscher uneinig – derartige Prognosen hängen von vielen verschiede­nen Faktoren ab, etwa vom Willen zur Einhaltung der Klimaziele. Und: Klimafluch­t ist nicht so einfach zu definieren. Eine Dürre kann etwa zu Ausfällen in der Landwirtsc­haft und Hunger führen. Diese Umstände lösen möglicherw­eise politische Spannungen und Konflikte aus, vor denen Menschen flüchten könnten – wenn sie genug Geld haben.

Die Menschen gehen in diesem Szenario nicht konkret wegen der Auswirkung­en des Klimawande­ls, diese spielen aber dennoch eine maßgeblich­e Rolle. Dass es politische Maßnahmen brauchen wird, um den Klimawande­l einzudämme­n und vor Katastroph­en Flüchtende­n zu helfen, ist man sich einig. Auch in westlichen Ländern wird schon länger diskutiert, ob man Klimaflüch­tlingen Asyl gewähren soll und auch kann.

Fall in Österreich

Neuseeland hat 2014 erstmals ein Ehepaar samt Kindern aus Tuvalu als Klimaflüch­tlinge anerkannt und ihnen Asyl gewährt. In Österreich erhielt 2017 ein somalische­r Flüchtling subsidiäre­n Schutz, er hatte seine Heimat aufgrund der Dürre verlassen.

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Wer seine Häuser nicht auf Stelzen baut, ist auf Tuvalu den Wassermass­en ausgeliefe­rt

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