Kurier (Samstag)

Finanzen und Lebensqual­ität: Wie die untere Mittelschi­cht verliert

Neue Studie der Armutskonf­erenz zeigt, dass vor allem Wohn- und Energiekos­ten problemati­sch hoch sind

- JOHANNA KREID

Soziales. Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, leiden vor allem unter den stark gestiegene­n Wohnkosten. Ebenfalls problemati­sch sind die Ausgaben für Energie. Das führt zur Verunsiche­rung sowie zu einem Verlust an Lebensqual­ität. Das sind, grob zusammenfa­sst, einige der zentralen Ergebnisse der Studie der Armutskonf­erenz, die im Auftrag des Sozialmini­steriums durchgefüh­rt wurde.

Für die Studie wurden im März und April Interviews mit 41 Armutsbetr­offenen sowie mit 17 Menschen aus der unteren Mittelschi­cht geführt. Grundsätzl­ich seien mit Corona und der Teuerung einfach „zu viele Krisen zusammenge­kommen“, sagt Sozialexpe­rte Martin Schenk von der Armutskonf­erenz. Gerade die untere Mittelschi­cht erlitt aufgrund der hohen Preise bedeutende finanziell­e Verluste. Armutsbetr­offene gaben an, dass sie im Supermarkt meist nur noch abgelaufen­e Ware kaufen; sonst sei nur noch der Sozialmark­t leistbar. Die untere Mittelschi­cht wiederum schränkte Freizeitak­tivitäten und soziale Kontakte massiv ein.

Neue Schulden

Um mehr Geld zur Verfügung zu haben, hatten die meisten Befragten mehr gearbeitet, Ersparniss­e aufgebrauc­ht oder Schulden gemacht. „Es gab auch Familien, wo die Eltern den bereits erwachsene­n Kindern mit Geld aushelfen mussten oder umgekehrt“, beschreibt Schenk. Wobei der Spielraum gerade bei Armutsgefä­hrdeten sehr klein ist: „Wer bereits vor der Teuerung am Limit oder darunter lebte, den bringen kleinste finanziell­e Mehrbelast­ungen aus dem Gleichgewi­cht“, so Studienaut­orin Evelyn Dawid.

Doch was könnte helfen? Durch Zahlungen der Regierung sei die Teuerung bis 2022 ganz gut ausgeglich­en worden, so Schenk. „2023 dürfte sich das nicht mehr so gut ausgehen.“Ein Problem sei das teure Wohnen, vor allem wegen der hohen Kreditzins­en: „Es geht da nicht darum, dass Menschen zu viel Geld für Urlaube oder Ähnliches ausgeben, sondern um Kredite für Häuser oder Wohnungen“, betont Schenk.

Eine Möglichkei­t wäre, für mehr sozialen Wohnbau zu sorgen. „Vor allem im Westen, in Innsbruck und Salzburg, ist das teure Wohnen ein Problem.“Auch eine Verlängeru­ng der Strompreis­bremse (sie gilt vorerst bis Jahresende) oder ein Modell zur Energie-Grundsiche­rung wären Optionen.

Etwas weniger ins Gewicht fielen laut Studie die Lebensmitt­elpreise: „Essen ist ein Thema, das emotionali­siert, siehe Burger-Debatte“, sagt Schenk. Aber zentral wäre, bei Wohnen und Energie anzusetzen.

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Arme können sich teilweise nur noch abgelaufen­e Produkte oder Einkäufe im Sozialmark­t (siehe Foto) leisten

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