Kurier (Samstag)

Wirtshaus zu verkaufen

Gastronomi­e. Auf Online-Plattforme­n werden immer öfter gut gehende Gastronomi­ebetriebe angeboten. Warum wählen Wirte diesen Schritt? Und was bedeutet das für die Gemeinden?

- VON KATHARINA ZACH

Kein Feuerwehrb­all, kein Gemeindeev­ent, kaum eine lokale Hochzeit oder ein besonderes Jubiläum, das nicht im Schwadorfe­r Landgastha­us Huber gefeiert wurde. „Im Gasthof hat das Dorfleben stattgefun­den“, erinnert sich Bürgermeis­ter Jürgen Maschl.

Und trotzdem sperrte das beliebte und weithin bekannte Lokal im Bezirk Bruck/Leitha,NÖ, vor rund zwei Jahren zu. Denn nach 35 Jahren trat Chefin Sigrid Huber-Glatzer ihre Pension an, ihre Schwester konnte den Betrieb alleine nicht weiterführ­en. Kinder haben die Gastronomi­nnen keine und andere Verwandte wollten den intensiven, zeitaufwen­digen – wenn auch sehr schönen Job, wie HuberGlatz­er sagt – nicht übernehmen. Also steht nun das gesamte Wirtshaus im Zentrum von Schwadorf zum Verkauf.

Der Betrieb ist nicht der Einzige. Wer sich auf Plattforme­n wie Willhaben umsieht, findet zahlreiche Inserate für Gastrobetr­iebe. Vom klassische­n Landgastho­f über den Heurigen in den Langenlois­er Weinbergen bis zum Tanzlokal in Kaltenleut­geben. Viele der Betriebe haben noch geöffnet, laufen gut. Andere beliebte Wirtshäuse­r mussten bereits mangels Nachfolger schließen. Ein Schicksal, das auch das „Gasthaus zur Linde“im Zentrum von Bruck/Leitha traf. Einst verbrachte dort die Jugend ihre Freizeit in der Kegelbahn, zuletzt wurde in dem denkmalges­chützten Bau mit idyllische­m Gastgarten eine kleine Karte angeboten.

Babyboomer-Pension

Derzeit seien unheimlich viele Betriebe am Markt, bestätigt auch der Obmann der Fachgruppe Gastronomi­e in der WKNÖ, Mario Pulker. Die Probleme sind bekannt: Personal ist schwer zu finden, viele Junge wollen sich den Job nicht mehr antun. Gleichzeit­ig gehen die Babyboomer unter den Wirten in Pension. „Etwa 30 Prozent der Betriebe werden in den nächsten Jahren übergeben“, sagt Pulker. Für den Erfolg nimmt er auch die Gäste in die Pflicht: „Wenn die Gemeinscha­ft des Ortes die Gastro nicht nützt, dann hilft die beste Förderung nichts.“

Viele Wirte würden ihre Immobilien verkaufen, weil sich verpachten nicht mehr rentiere, meint der Experte. „Der Ertrag ist zu gering.“Leicht sei es nicht, Interessen­ten zu finden. „Ich weiß aus dem eigenen Umfeld, dass neun Jahre nach einem Käufer gesucht wurde.“

Solche Erfahrunge­n hat Tischler und Zimmer-Vermieter Hubert Horak aus Melk in Türnitz gemacht. Dort steht mit dem Gasthof Punz-Bertl „Zum goldenen Löwen“mitten im Ortszentru­m ein Traditions­betrieb zum Verkauf oder zur Pacht. 2021 übernahm Horak, renovierte und sperrte voller Elan auf. Ein Pächter sollte das Gasthaus übernehmen. Nur der sprang ab. Nun macht Horak der Personalma­ngel zu schaffen. „Ich finde keinen Koch und andere sind auch nicht willig“, sagt er. Dabei wäre die Kundschaft da. „Es ist der letzte Gasthof in Türnitz, er hat Potenzial.“

Vorsorgen

Pulker rät, bei Übergaben rechtzeiti­g vorzusorge­n. „Wenn ein Betrieb einmal zugesperrt ist, dann findet man ganz schwer jemanden, der ihn wieder übernimmt.“Da helfe selbst die Wirtshausp­rämie nichts. „Tote wiederbele­ben wird man damit nicht.“

Das weiß auch Christa Hollerer vom Haubenloka­l „Zum Blumentrit­t“in St. Aegyd am Neuwalde. In den nächsten vier bis fünf Jahren möchten Hollerer und ihre Schwester, die mehrfach ausgezeich­nete Küchenchef­in Ulli Hollerer-Reichl, in Pension gehen, immerhin sei man 26 Jahre lang bis zu 15 Stunden täglich im Geschäft gestanden. Seit Sommer ist das Lokal inseriert, es wird aber weiterhin Haubenküch­e serviert. Die Kinder wollen die Nachfolge nicht übernehmen. Als Nachfolger akzeptiere man aber nur Angebote, die für sie beide und den Betrieb passen. Und generell, betonen sie, habe die GastroBran­che ihre schönen Seiten. Man könne sich selbst verwirklic­hen. Und: „Mit den Kindern war die Ferienbetr­euung nie ein Problem, weil wir eh da waren.“

In den Gemeinden ist ob der vielen Verkäufe der Katzenjamm­er groß. Auch, da aus den Wirtshäuse­rn, die oft im Bauland-Kerngebiet liegen, theoretisc­h Wohnungen werden könnten – und ein kulinarisc­hes Angebot und ein Ort der Kommunikat­ion damit für immer verloren wären.

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Zwei bekannte Gasthöfe in Niederöste­rreich suchen aktuell einen Nachfolger
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Laut Gastro-Obmann Pulker sind aktuell viele Betriebe am Markt

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