Feilschen um Corona-Hilfen verunsichert Betriebe
Verordnung fehlt seit drei Monaten, Rückzahlungen drohen
Seit dem Frühjahr ist unklar, welche Betriebe noch Corona-Hilfen erhalten. Grund war ein Streit mit der EUKommission, die Fehler in Verordnungen des Finanzministeriums beanstandet hat. Danach wurden alle Auszahlungen gestoppt. Am 10. August verkündete dann Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) eine Einigung mit der EU. 750 Millionen Euro stünden nun im Rahmen eines Schadenausgleichs bereit. Die Covid-19-Hilfsagentur (Cofag) könne offene Anträge abarbeiten, sobald die Richtlinie der EU in eine nationale Verordnung gegossen sei. Über diese verhandeln Finanzminister und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) mittlerweile seit drei Monaten.
Viele Unternehmen sind verunsichert. 750 Millionen Euro würden nicht ausreichen, um „zwei verhunzte Verordnungen zu korrigieren“, sagte Unternehmensberater Gerald Zmuegg zum KURIER. Die Cofag widerspricht: „750 Millionen Euro reichen auf jeden Fall aus, um den mit der EU ausverhandelten Schadenausgleich zu bedienen. Wir liegen bei unseren Schätzungen unter 700 Millionen.“
Cofag dementiert
Was den Betrieben auch Kopfzerbrechen bereitet: Dass fünf Prozent von bereits ausbezahlten Corona-Hilfen zurückgefordert werden sollen. Die Cofag dementiert das. Worauf beziehen sich also die fünf Prozent? Laut Cofag auf den Schaden, „den betroffene Unternehmen nachweisen müssen, um gestoppte Auszahlungen wieder zu ermöglichen bzw. um Rückforderungen aufgrund von beihilferechtlichen Überschreitungen zu vermeiden“.
Sobald die Verordnung da ist, müssen Betriebe diesen Schaden in Form eines neuen Antrags neu nachweisen. Er setzt sich aus dem Verlust während eines Lockdowns und dem entgangenen Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zusammen. Nur der entgangene Gewinn ist im Regelfall um fünf Prozent zu kürzen. Die EU-Kommission zieht fünf Prozent von der Schadensberechnung ab, weil es in der Pandemie gesamtwirtschaftlich einen Rückgang der Nachfrage gab.
Beispiel: Ein Unternehmen hat im Dezember 2019 einen Gewinn von 100 Euro gemacht. Ein Jahr später, im Dezember 2020, macht es pandemiebedingt 50 Euro Verlust. Zum Schaden zählen der Verlust von 50 Euro und 95 Euro Gewinn – nach Abzug von fünf Prozent. Schadensumme: 145 Euro.
Wesentlich ist dabei: Die Unternehmen erhalten in keinem Fall mehr als sie unter dem ursprünglich vorgesehenen Hilfsinstrument – zum Beispiel dem Verlustersatz III – erhalten hätten.
Knifflig werden dürfte es für verbundene Unternehmen – also Betriebe mit mehreren Filialen. Sie konnten wegen eines Verordnungsfehlers höhere Hilfen beantragen als im EU-Beihilferecht vorgesehen.
Rückzahlungen
Ob und wie viel Geld diese Betriebe zurückzahlen müssen, darüber feilschen derzeit ÖVP und Grüne. Es ist sehr wohl möglich, dass Förderanträge von Unternehmensverbünden erneut überprüft werden und es dann zu Rückforderungen kommt, sofern keine Sanierung möglich ist. Wie wahrscheinlich? Um wie viele Betriebe und welche Summen geht es? Darüber wird weiterhin debattiert.
Viele Betriebe dürften gegen Rückzahlungen klagen. Ihr Argument: Sie hätten sich an nationale Vorgaben gehalten. Dass das Finanzministerium das EU-Beihilferecht fehlerhaft umgesetzt habe, sei nicht ihre Schuld.