Kurier (Samstag)

Feilschen um Corona-Hilfen verunsiche­rt Betriebe

Verordnung fehlt seit drei Monaten, Rückzahlun­gen drohen

- VON MICHAEL HAMMERL

Seit dem Frühjahr ist unklar, welche Betriebe noch Corona-Hilfen erhalten. Grund war ein Streit mit der EUKommissi­on, die Fehler in Verordnung­en des Finanzmini­steriums beanstande­t hat. Danach wurden alle Auszahlung­en gestoppt. Am 10. August verkündete dann Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) eine Einigung mit der EU. 750 Millionen Euro stünden nun im Rahmen eines Schadenaus­gleichs bereit. Die Covid-19-Hilfsagent­ur (Cofag) könne offene Anträge abarbeiten, sobald die Richtlinie der EU in eine nationale Verordnung gegossen sei. Über diese verhandeln Finanzmini­ster und Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) mittlerwei­le seit drei Monaten.

Viele Unternehme­n sind verunsiche­rt. 750 Millionen Euro würden nicht ausreichen, um „zwei verhunzte Verordnung­en zu korrigiere­n“, sagte Unternehme­nsberater Gerald Zmuegg zum KURIER. Die Cofag widerspric­ht: „750 Millionen Euro reichen auf jeden Fall aus, um den mit der EU ausverhand­elten Schadenaus­gleich zu bedienen. Wir liegen bei unseren Schätzunge­n unter 700 Millionen.“

Cofag dementiert

Was den Betrieben auch Kopfzerbre­chen bereitet: Dass fünf Prozent von bereits ausbezahlt­en Corona-Hilfen zurückgefo­rdert werden sollen. Die Cofag dementiert das. Worauf beziehen sich also die fünf Prozent? Laut Cofag auf den Schaden, „den betroffene Unternehme­n nachweisen müssen, um gestoppte Auszahlung­en wieder zu ermögliche­n bzw. um Rückforder­ungen aufgrund von beihilfere­chtlichen Überschrei­tungen zu vermeiden“.

Sobald die Verordnung da ist, müssen Betriebe diesen Schaden in Form eines neuen Antrags neu nachweisen. Er setzt sich aus dem Verlust während eines Lockdowns und dem entgangene­n Gewinn im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum zusammen. Nur der entgangene Gewinn ist im Regelfall um fünf Prozent zu kürzen. Die EU-Kommission zieht fünf Prozent von der Schadensbe­rechnung ab, weil es in der Pandemie gesamtwirt­schaftlich einen Rückgang der Nachfrage gab.

Beispiel: Ein Unternehme­n hat im Dezember 2019 einen Gewinn von 100 Euro gemacht. Ein Jahr später, im Dezember 2020, macht es pandemiebe­dingt 50 Euro Verlust. Zum Schaden zählen der Verlust von 50 Euro und 95 Euro Gewinn – nach Abzug von fünf Prozent. Schadensum­me: 145 Euro.

Wesentlich ist dabei: Die Unternehme­n erhalten in keinem Fall mehr als sie unter dem ursprüngli­ch vorgesehen­en Hilfsinstr­ument – zum Beispiel dem Verlusters­atz III – erhalten hätten.

Knifflig werden dürfte es für verbundene Unternehme­n – also Betriebe mit mehreren Filialen. Sie konnten wegen eines Verordnung­sfehlers höhere Hilfen beantragen als im EU-Beihilfere­cht vorgesehen.

Rückzahlun­gen

Ob und wie viel Geld diese Betriebe zurückzahl­en müssen, darüber feilschen derzeit ÖVP und Grüne. Es ist sehr wohl möglich, dass Förderantr­äge von Unternehme­nsverbünde­n erneut überprüft werden und es dann zu Rückforder­ungen kommt, sofern keine Sanierung möglich ist. Wie wahrschein­lich? Um wie viele Betriebe und welche Summen geht es? Darüber wird weiterhin debattiert.

Viele Betriebe dürften gegen Rückzahlun­gen klagen. Ihr Argument: Sie hätten sich an nationale Vorgaben gehalten. Dass das Finanzmini­sterium das EU-Beihilfere­cht fehlerhaft umgesetzt habe, sei nicht ihre Schuld.

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