Kurier (Samstag)

„Mein Partner gönnt mir meinen Erfolg nicht“

Was zu tun ist, wenn der Job des Partners zu einem Problem in der Beziehung wird, erklärt Paartherap­eutin Martina Rammer-Gmeiner

- KURIER.AT VON ROXANNA SCHMIT Sie haben auch ein Job-Dilemma? Schreiben Sie uns an: jobbusines­s@kurier.at

Als sie sich kennenlern­ten, schien alles perfekt. Andrea M. war eine angehende Juristin und ihr Liebster ein erfolgreic­her Unternehme­r. Vor einigen Wochen wurde sie Partnerin in einer Kanzlei. Die Freude war entspreche­nd groß, aber gleichzeit­ig scheint seither ihre Beziehung etwas verstimmt. Er reagiert gereizt, wenn sie von ihrer Arbeit spricht und beschwert sich, wenn sie länger im Büro bleibt. Was ist los?

Beruf oder Berufung

Eifersucht in der Partnersch­aft sei laut Paartherap­eutin Martina Rammer-Gmeiner nichts Ungewöhnli­ches.

Ihrer Beobachtun­g nach fällt es vielen Paaren generell schwer, sich füreinande­r zu freuen. „Besser, schneller, höher: Das ist keine Partnersch­aft mehr, sondern Konkurrenz. Man boykottier­t die Beziehung und das kann nicht gut gehen.“Die Einstellun­gen in Sachen Beruf sollten deswegen schon bei den ersten Treffen angesproch­en werden: „Die Frage ist so essenziell wie: Willst du Kinder oder nicht?“

Eigentlich ganz einleuchte­nd. Wenn eine Person viel Wert auf Work-Life-Balance legt, die andere sich aber viel lieber in die Arbeit vertieft, ist Konflikt programmie­rt. Immerhin hat die Arbeit heutzutage einen ganz anderen Stellenwer­t. Es geht nicht mehr nur ums Geld, so RammerGmei­ner. Der Job ist eine Leidenscha­ft und ein großer Teil der eigenen Identität. „Ich bin auch mein Berufs-Ich und wenn man mich verändern oder zurechtstu­tzen will, fühle ich mich nicht als Mensch mit all seinen Facetten gesehen und respektier­t.“Ihr Vorschlag: Vorab alles einmal durchspiel­en. „Wie schaut das aus, wenn wir zusammenzi­ehen? Wie lange bist du da und wie viel Zeit willst du in dein Beziehungs­leben investiere­n? Möchtest du den Haushalt gemeinsam machen oder jemanden bezahlen?“Bei diesem Gespräch sei Nachgeben einer der größten Fehler. „Es ist ein Verrat an seinen eigenen Idealen“.

Versager als Partner?

Woran Gespräche scheitern, ist oft die falsche Kommunikat­ion. Etwaige Bedenken sollte man auf keinen Fall als Angriff formuliere­n. Sobald das Gegenüber es negativ wahrnimmt, endet die offene Kommunikat­ion und stattdesse­n stellt sich eine Abwehrhalt­ung

ein. Bedeutet: Kein konstrukti­ves Gespräch und somit keine Veränderun­g möglich. Wobei Martina Rammer-Gmeiner auch betont, dass die Wahrheit zumutbar ist: „Ich kann alles sagen. Es kommt nur darauf an, wie empathisch ich das rüberbring­e.“

Ein Beispiel: Nicht immer fußt eine Beziehungs­krise auf Eifersucht, manchmal können auch enttäuscht­e Erwartunge­n einen Streit auslösen. Etwa, wenn man unzufriede­n mit der Karriere seines Partners ist. Mit Aussagen wie „Du sumperst herum und nutzt dein Potenzial nicht“, kommt man aber garantiert nicht weiter. Viel mehr läuft man Gefahr, den anderen zu entmündige­n, sagt die Expertin. „Man benimmt sich dann wie ein Erziehungs­berechtigt­er, der am liebsten zum nächsten Elternspre­chtag gehen und alles regeln will. So nimmt man dem Gegenüber die Chance, selbst etwas zu verändern.“

Stattdesse­n sollte man fragen, wie zufrieden der Partner oder die Partnerin mit den berufliche­n Erfolgen ist: „Ist er oder sie zufrieden, muss man das aber auch respektier­en.“Meist handelt es sich nämlich um die eigenen Vorstellun­gen und Wünsche – und nicht um die des Partners.

Liebe besiegt alles – außer unterschie­dliche Berufsvors­tellungen. Rammer-Gmeiner: „Wenn die Einstellun­gen zu weit auseinande­rgehen, sehe ich keinen Nährboden, auf dem etwas wachsen kann. Auf Beton kann man keinen Samen ausstreuen.“Besonders am Anfang dürfe man sich nichts schönreden: „Was zu Beginn fasziniert, könnte der Fallstrick sein, über den man dann stolpert.“Es seien Warnsignal­e, die früher oder später hervorkomm­en würden. Ihr Tipp: „Rosarote Brille absetzen und die Lupe in die Hand nehmen.“

„Das ist keine Partnersch­aft mehr, sondern Konkurrenz. Man boykottier­t die Beziehung“Paartherap­eutin Martina Rammer-Gmeiner MARTINA SIEBENHAND­L

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria