„Mein Partner gönnt mir meinen Erfolg nicht“
Was zu tun ist, wenn der Job des Partners zu einem Problem in der Beziehung wird, erklärt Paartherapeutin Martina Rammer-Gmeiner
Als sie sich kennenlernten, schien alles perfekt. Andrea M. war eine angehende Juristin und ihr Liebster ein erfolgreicher Unternehmer. Vor einigen Wochen wurde sie Partnerin in einer Kanzlei. Die Freude war entsprechend groß, aber gleichzeitig scheint seither ihre Beziehung etwas verstimmt. Er reagiert gereizt, wenn sie von ihrer Arbeit spricht und beschwert sich, wenn sie länger im Büro bleibt. Was ist los?
Beruf oder Berufung
Eifersucht in der Partnerschaft sei laut Paartherapeutin Martina Rammer-Gmeiner nichts Ungewöhnliches.
Ihrer Beobachtung nach fällt es vielen Paaren generell schwer, sich füreinander zu freuen. „Besser, schneller, höher: Das ist keine Partnerschaft mehr, sondern Konkurrenz. Man boykottiert die Beziehung und das kann nicht gut gehen.“Die Einstellungen in Sachen Beruf sollten deswegen schon bei den ersten Treffen angesprochen werden: „Die Frage ist so essenziell wie: Willst du Kinder oder nicht?“
Eigentlich ganz einleuchtend. Wenn eine Person viel Wert auf Work-Life-Balance legt, die andere sich aber viel lieber in die Arbeit vertieft, ist Konflikt programmiert. Immerhin hat die Arbeit heutzutage einen ganz anderen Stellenwert. Es geht nicht mehr nur ums Geld, so RammerGmeiner. Der Job ist eine Leidenschaft und ein großer Teil der eigenen Identität. „Ich bin auch mein Berufs-Ich und wenn man mich verändern oder zurechtstutzen will, fühle ich mich nicht als Mensch mit all seinen Facetten gesehen und respektiert.“Ihr Vorschlag: Vorab alles einmal durchspielen. „Wie schaut das aus, wenn wir zusammenziehen? Wie lange bist du da und wie viel Zeit willst du in dein Beziehungsleben investieren? Möchtest du den Haushalt gemeinsam machen oder jemanden bezahlen?“Bei diesem Gespräch sei Nachgeben einer der größten Fehler. „Es ist ein Verrat an seinen eigenen Idealen“.
Versager als Partner?
Woran Gespräche scheitern, ist oft die falsche Kommunikation. Etwaige Bedenken sollte man auf keinen Fall als Angriff formulieren. Sobald das Gegenüber es negativ wahrnimmt, endet die offene Kommunikation und stattdessen stellt sich eine Abwehrhaltung
ein. Bedeutet: Kein konstruktives Gespräch und somit keine Veränderung möglich. Wobei Martina Rammer-Gmeiner auch betont, dass die Wahrheit zumutbar ist: „Ich kann alles sagen. Es kommt nur darauf an, wie empathisch ich das rüberbringe.“
Ein Beispiel: Nicht immer fußt eine Beziehungskrise auf Eifersucht, manchmal können auch enttäuschte Erwartungen einen Streit auslösen. Etwa, wenn man unzufrieden mit der Karriere seines Partners ist. Mit Aussagen wie „Du sumperst herum und nutzt dein Potenzial nicht“, kommt man aber garantiert nicht weiter. Viel mehr läuft man Gefahr, den anderen zu entmündigen, sagt die Expertin. „Man benimmt sich dann wie ein Erziehungsberechtigter, der am liebsten zum nächsten Elternsprechtag gehen und alles regeln will. So nimmt man dem Gegenüber die Chance, selbst etwas zu verändern.“
Stattdessen sollte man fragen, wie zufrieden der Partner oder die Partnerin mit den beruflichen Erfolgen ist: „Ist er oder sie zufrieden, muss man das aber auch respektieren.“Meist handelt es sich nämlich um die eigenen Vorstellungen und Wünsche – und nicht um die des Partners.
Liebe besiegt alles – außer unterschiedliche Berufsvorstellungen. Rammer-Gmeiner: „Wenn die Einstellungen zu weit auseinandergehen, sehe ich keinen Nährboden, auf dem etwas wachsen kann. Auf Beton kann man keinen Samen ausstreuen.“Besonders am Anfang dürfe man sich nichts schönreden: „Was zu Beginn fasziniert, könnte der Fallstrick sein, über den man dann stolpert.“Es seien Warnsignale, die früher oder später hervorkommen würden. Ihr Tipp: „Rosarote Brille absetzen und die Lupe in die Hand nehmen.“
„Das ist keine Partnerschaft mehr, sondern Konkurrenz. Man boykottiert die Beziehung“Paartherapeutin Martina Rammer-Gmeiner MARTINA SIEBENHANDL