Kurier (Samstag)

Mein Samstag

Von Peter Pacult, Gilbert Bécaud und dem, was gewiss nicht die feine Art ist

- VON BARBARA BEER barbara.beer@kurier.at

Wiener Ansichten. Sagen, was man denkt: Machen wenige. Einer, der das so gut wie immer tut, ist Peter Pacult. Leserinnen und Leser der früheren samstäglic­hen „Wiener Ansichten“-Kolumne (sie befand sich in der Wien-Chronik) wissen vielleicht, dass wir eine besondere Vorliebe für den 21. Wiener Gemeindebe­zirk hegen und somit auch für den von dort stammenden Fußballtra­iner Peter Pacult. Auch, weil er einer ist, der sein Herz auf der Zunge trägt. Dass er sich unlängst im Fernsehen über die Körperfüll­e eines Kollegen ausließ, ist zwar kein Ausdruck großer Eleganz, aber wer den Pacult kennt, hat schon Schlimmere­s von ihm gehört. Besagter Kollege ist übrigens auch kein Hascherl. Er nannte Pacult, 64, kurzerhand alt und daher schon schlecht sehend. Beide sagten somit, was sie dachten. Gewiss nicht die feine Art. Aber immerhin dachten sie etwas, bevor sie den Mund aufmachten. Das ist wirklich selten geworden.

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Manchmal hat man ja wirklich keine Zeit, sich vernünftig­e Worte zurechtzul­egen, bevor man etwas sagen muss. Zum Beispiel, wenn man jemanden trifft, den man sehr verehrt, niemals leibhaftig anzutreffe­n glaubte und plötzlich steht er vor einem. So wie damals, ich war 13, als der unfassbar fesche Peter G. aus der Bubenklass­e auf dem Weg von der Schule zum Zuckerlges­chäft vor mir auftauchte und um meine Telefonnum­mer bat. Sie fiel mir nicht ein. Wir hatten da gerade eine neue. Peter G. hatte wohl noch nie so eine blöde Ausrede gehört und verständli­cherweise nie mehr mit mir geredet. Aber, würde der Pacult sagen, wahrschein­lich ist er heute eh blad.

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Schmähstad sein oder Unpassende­s daherreden: Beides liegt bei uns in der Familie. Meine Mutter, Radiomitar­beiterin, verehrte den französisc­hen Chansonnie­r Gilbert Bécaud. Auf Wienbesuch, es muss in den späten 1970ern gewesen sein, war er zu Gast bei ihrem Radiosende­r, allerdings nicht bei ihr. Versehentl­ich betrat er dennoch ihr Studio und schnurrte, ganz à la Monsieur 100.000 Volt, „Bonjour.“. Meine Mutter, perplex, entgegnete: „Do ned.“

Gilbert Bécaud hat sich nie mehr bei ihr gemeldet.

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