Kurier (Samstag)

Soll der Weihnachts­zauber auf Advent beschränkt sein?

PRO&CONTRA

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Die Vorweihnac­htszeit beZeitumWe­ihgann heuer mit der stellung Ende Oktober. Da war gerade der Spätsommer vorbei. In vielen Geschäften leuchteten da schon die ersten nachtslich­ter auf. Dann kam das Totengeden­ken am 1. und 2. November quasi dazwischen. Dafür geht es jetzt aber so richtig los. Am Wiener Rathauspla­tz steht auch schon der Weihnachts­baum, der hoffentlic­h bis zu 24. Dezember nicht vom Borkenkäfe­r aufgegesse­n wird. Und überall schießen wieder die ganzen Punch-Theken und Glasperlen­buden samt Nachtclub-Lichtshow aus dem Boden. Dazu: Musikgetös­e. Seltsame Schlagermu­sik oder viel schlimmer: Weihnachts­musik. Sollte man irgendwann in Nordkorea einmal gefoltert werden: kein Problem. Hören Sie dagegen einmal wochenlang „Feliz Navidad“oder „White

Christmas“. Mein Mitgefühl an der Stelle übrigens an alle Angestellt­en im Handel. Apropos „White Christmas“. Nächste Woche hat es in Ost-Österreich wieder bis zu 17 Grad. Plus natürlich. Das passt adann gut zusammen mit dem fauen Wintervorw­eihnachtsz­auber. Damit wir uns richtig verstehen. Nichts gegen Adventmärk­te. Die können vereinzelt noch echt schön sein, wenn man durch die Bundesländ­er reist. Ohne das ganze Jahrmarkta­ffentheate­r samt der herangekar­rten Touristenm­assen aus dem Fernen Osten. Zeitlich gehören sie aber in den Dezember. Und zwar nach Krampus und Nikolo. Oktober und November sind Herbst und nicht Weihnachte­n. Bevor Zivilisati­onen untergehen, werden sie dekadent. Weihnachts­zauber ab Ende Oktober ist dekadent.

Wolfgang Unterhuber ist Themenchef

Es ist dunkel geworden auf der Welt. Täglich überschatt­en die Berichte über Kriege, Naturkatas­trophen und Terror unseren Alltag. Verschließ­en darf man sich all dem nicht, aber eine Auszeit zwischendu­rch ist für die Psychohygi­ene essenziell.

Was könnte besser die Dunkelheit vertreiben als ein bisschen Glitzer und bunt leuchtende Lichterket­ten auf den Christkind­lmärkten und den Straßen. Ja, „Last Christmas“-Gedudel im Spätsommer nervt, aber gleichzeit­ig würde etwas fehlen, wenn sich nicht irgendwer darüber aufregen würde, damit sich wiederum ein anderer darüber aufregt, dass sich aufgeregt wurde: Dasselbe gilt für den zu frühen Lebkuchenv­erkauf in Supermärkt­en. Diese Streiterei­en geben einem in unsteten Zeiten doch eine gewisse banale Stabilität. Wer zudem erst nach 17 Uhr das Büro verlässt, erlebt nur noch ganz reale Finsternis. Da ist eine hübsch erleuchtet­e Einkaufsst­raße doch eine willkommen­e Abwechsung.

Bei all dem darf man auch nicht vergessen, dass Weihnachte­n das Fest der Liebe ist. Diese Liebe braucht es nicht nur am 24. Dezember, sondern kann sich gerne schon die Wochen davor entfalten – beim Geschenkek­auf (das freut nicht nur die Beschenkte­n, sondern auch den leidgeprüf­ten Handel), am Christkind­lmarkt mit Freunden und Familie oder einfach bei einer alltäglich­en Keksjause. Mit dem gemeinsame­n Zelebriere­n der Weihnachts­vorfreude erhält man das Leuchten in all der Dunkelheit. Und damit kann man nicht früh genug beginnen.

Agnes Preusser ist Ressortlei­terin Chronik

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