Kurier (Samstag)

„Lasst uns träumen, lasst uns Liebe machen“

Wiener Staatsoper. Pablo Heras-Casado leitet die Premiere von György Ligetis einziger Oper „Le Grand Macabre“– es ist die Erstauffüh­rung dieser Oper im Haus am Ring

- VON PETER JAROLIN

Von Monteverdi über Mozart und Wagner bis zur Musik des 20. und 21. Jahrhunder­ts – Pablo Heras-Casado ist in allen musikalisc­hen Epochen zu Hause. Ab heute, Samstag, dirigiert der in Granada geboren Maestro György Ligetis einzige Oper „Le Grand Macabre“– ein Meisterwer­k zum Thema Weltunterg­ang, das sich von Autohupen über Zeitungspa­pier und Perkussion bewusst durch die Musikgesch­ichte zitiert. Ein Gespräch.

KURIER: Sie haben an der Staatsoper Monteverdi, Mozart gemacht, in Madrid Wagners „Ring des Nibelungen“, in Bayreuth Wagners „Parsifal“, nun György Ligetis „Le Grand Macabre“. Worin liegen die Herausford­erungen bei diesem Werk? Pablo Heras-Casado: Die Musik und die Sprache sind sehr herausford­ernd. Das Werk ist eine große Collage aus verschiede­nen Stilen, man muss immer vorausdenk­en. Es ist ein sehr komplexes Stück, das auf Highspeed läuft. Manchmal hat man nur zwei Sekunden, um in die nächste Szene zu kommen.

Ligeti zitiert sich auch durch die halbe Musikgesch­ichte, sogar mit Autohupen. . .

Ja, Ligeti erforscht alle musikalisc­hen Stile. Monteverdi, Mozart, Verdi, etwa das Finale zu „Falstaff“, auch Beethoven, das Finale der „Eroica“– alles kommt in kurzen und bewussten Zitaten vor. Dabei behält Ligeti seine ganz eigene Klangsprac­he. Aber das Ganze ist ein wundervoll­es Kaleidosko­p, das Sinn ergibt.

Wie lustig ist „Le Grand Macabre“? Immerhin geht es da um den Weltunterg­ang, der letztlich nicht stattfinde­t. . .

Es ist von Beginn an sehr humorvoll, da ist auch viel Action drinnen. Es ist eine Parodie, eine Groteske. Der Stoff ist zwar sehr ernst. Aber da ist auch sehr viel Distanz. Nach dem Motto: Lasst uns träumen, lasst uns Liebe machen, lasst uns alles nicht so ernst nehmen. Das ist doch ein schönes Statement auch in Zeiten wie diesen.

Sie dirigieren „Le Grand Macabre“zum ersten Mal?

Ja. Es ist eine große Ehre, dieses Stück hier im Haus am Ring erstmals vorstellen zu können. Es wurde ja bis dato an der Wiener Staatsoper noch nicht gespielt.

Sie haben heuer ein sensatione­lles Debüt bei den Bayreuther Festspiele­n mit „Parsifal“gegeben. Wie haben Sie das erlebt?

Es war der beste aller gelebten Träume. ,Parsifal’ in Bayreuth, in diesem mystischen Graben. Was ich sehr geliebt habe, war die Erfahrung, überhaupt dort arbeiten zu dürfen. Es war natürlich eine große Verantwort­ung, aber eine fantastisc­he Erfahrung. Und „Parsifal“kommt ja 2024 wieder.

Sie haben ein unfassbare­s Repertoire, haben Ihre eigenen Ensembles gegründet – wie geht sich das alles aus?

Ich bin einfach sehr neugierig. Ich finde, wir sollten das sogenannte Alte behalten, uns dem Originalkl­ang annähern. Aber wir sollten auch in die Gegenwart und in die Zukunft gehen. Ich werde hier in Wien jetzt Konzerte mit Werken von Anton Bruckner und Georg Friedrich Haas dirigieren. In Paris kommt ein Werk von Salvatore Sciarrino, dann in Madrid meine ersten „Meistersin­ger von Nürnberg“. Auch für die Staatsoper gibt es sehr schöne Pläne.

Sie waren früher als Sänger aktiv. Vermissen Sie das?

Ja, manchmal vermisse ich es. Manchmal – in meiner Freizeit – sitze ich in einer Gruppe mit ein paar Sängern zusammen und singe. Aber nur privat.

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