Kurier (Samstag)

Madonna, Michael Jackson, Györgi Ligeti – die „Punk Ballerina“stellt sich in Wien vor

Karole Armitage zeigt ihre „Ligeti Essays“an der Volksoper

- SILVIA KARGL

Premiere. Karole Armitage wurde in den 1980-er Jahren als „Punk-Ballerina“bekannt. Als Choreograf­in verbindet sie Tanz mit bildender Kunst, Philosophi­e und Musik. Erstmals tanzt das Wiener Staatsball­ett in der Volksoper ab Sonntag ein Stück von Armitage. Für die Einstudier­ung ihrer 2007 entstanden­en „Ligeti Essays“ist die vielseitig begabte und temperamen­tvolle Künstlerin, die auch schon für Madonna und Michael Jackson choreograf­ierte, in Wien.

Wie gefällt Wien der in New York lebenden Künstlerin? „Ich bin überwältig­t von der Vielfalt an kulturelle­n Angeboten, zugleich auch davon, dass dieses nicht unbedingt mit hohen Kosten verbunden ist. In der Volksoper fühle ich mich sehr wohl, sie ist ein sehr lebendiges Haus. Es gefällt mir gut, dass das Publikum von jung bis alt angesproch­en wird, und dass hier Musiktheat­er und Tanz auf so hohem Niveau stattfinde­n. Für unsere Welt heute hat das geradezu einen Modellchar­akter.“

Auf Knopfdruck

Und es gibt große Unterschie­de zum kulturelle­n Leben in New York, wo Armitage bis vor kurzer Zeit eine Compagnie leitete. „Ich sehe in der ,on demand culture’ ein großes Problem, insbesonde­re für die Bühnenkuns­t. Kunst soll auf Knopfdruck abrufbar sein und kostet dann wenig bis nichts. Dabei geht die intellektu­elle Neugier des Publikums verloren und die Aufmerksam­keitsspann­e wird reduziert. Dazu fehlen in New York künstleris­che Leitfigure­n, wie es im Tanz zum Beispiel George Balanchine bis in die 1980er-Jahren war. Die Kunstform Tanz hat keine Bedeutung mehr. Wobei diese Oberflächl­ichkeit eigentlich das gesamte Kulturlebe­n der Stadt betrifft. Seit der Finanzkris­e brechen auch noch Sponsoren weg, öffentlich­e Förderunge­n gibt es kaum. Deswegen habe ich vor einem Jahr beschlosse­n, nicht mehr für die Bühne zu choreograf­ieren.“

Und: „Ich gestalte jetzt Filme mit Tänzerinne­n und Tänzern, die als Features über Tanz konzipiert sind.“In Wien spürt sie während der Proben die Kraft des Tanzes wieder: „Die Menschen hier mögen Tanz.“Zu den „Ligeti Essays für sieben Tänzerinne­n und Tänzern“: „Diese Musik ist zutiefst humanistis­ch. Ich sehe darin viele Kreise, die der Bewegung einen Weg ebnen, der zur Philosophi­e führt. Der Westen trifft auf den Osten.“Ligetis Musik hat für Armitage zudem auch jenen „Rock Spirit“, der an die Kraft und den Rhythmus des Tanzstils erinnert, der sie internatio­nal bekannt machte.

„Ligeti Essays“ist zusammen mit Martin Schläpfers „Drittes Klavierkon­zert“und Paul Taylors „Dandelion Wine“im Dreiteiler „The moon wears a white shirt“in der Volksoper Wien ab Sonntag, den 12. November, zu sehen. Die musikalisc­he Leitung hat dabei Christoph Altstaedt inne.

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