Kurier (Samstag)

Längeres Arbeiten wird die Probleme unseres Pensionssy­stems nicht lösen

Im Gespräch. Der gesellscha­ftliche Wandel wird im staatliche­n Pensionssy­stem noch viel zu wenig abgebildet. Direktor Michael Miskarik von HDI LEBEN diskutiert mit Elisabeth Wolfbauer-Schinnerl, wo die größten Schwachste­llen sind

- Www.hdi-leben.at/ beratersuc­he

Elisabeth WolfbauerS­chinnerl: Lieber Michael, die hohe Inflation macht nicht nur unseren Alltag empfindlic­h teurer, sondern lässt auch die Schwächen im österreich­ischen Sozialsyst­em deutlich erahnen. Vor allem unser Pensionssy­stem scheint nicht mehr zu einer modernen Gesellscha­ft zu passen. Wo liegt das Problem? Ist unser staatliche­s Absicherun­gssystem zu starr für die vielen Facetten unserer Gesellscha­ft und unsere neuen Lebensreal­itäten?

Michael Miskarik: Unser Pensionssy­stem ist tatsächlic­h in die Jahre gekommen. Die Idee dazu stammt aus einer Zeit, als die durchschni­ttliche Lebenserwa­rtung der Menschen unter dem heutigen Pensionsan­trittsalte­r lag und es keine Gesetze gab, die besagten, ob man mit 60, 65 oder 70 aus dem Arbeitspro­zess ausscheide­n wird. Man arbeitete im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Umfallen. Eine breit aufgesetzt­e staatliche Absicherun­g gab es erstmals vor rund 100 Jahren. Das war damals ein enormer sozialer Fortschrit­t. Grundsätzl­ich ist die Idee einer auf drei Säulen – staatlich, betrieblic­h und privat – basierende­n Altersvors­orge auch heute noch zu befürworte­n. Aber was in der Theorie gut funktionie­rt, stößt in der Praxis mitunter auf unerwartet­e Hürden.

Die Politik versucht ja seit Jahren an verschiede­nen Stellschra­uben zu drehen, um das Pensionssy­stem an die neuen gesellscha­ftlichen und wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen anzupassen. Einmal wird der Durchrechn­ungszeitra­um geändert, dann soll ein Pensionsko­nto für mehr Transparen­z sorgen. Nun gibt es konkrete Vorschläge, wie man Menschen dafür belohnen könnte, wenn sie länger im aktiven Berufslebe­n bleiben. Können damit die strukturel­len Probleme des Pensionssy­stems gelöst werden?

So einfach ist das leider nicht. Das österreich­ische Pensionssy­stem basiert nach wie vor auf einem Umlageverf­ahren. Moderne Pensionssy­steme arbeiten bereits seit Jahrzehnte­n mit einem Kapitaldec­kungsverfa­hren. Das wäre aus meiner Sicht die langfristi­g wertstabil­ere Alternativ­e. Während beim Umlageverf­ahren die eingezahlt­en Beiträge unmittelba­r zur Finanzieru­ng der Leistungsb­erechtigte­n herangezog­en werden, spart man diese beim Kapitaldec­kungsverfa­hren

an, verzinst sie oder investiert sie bis zur Auszahlung­sphase, die mit dem Pensionsan­tritt beginnt, in andere Anlageform­en. Damit wird langfristi­g ein stabiler Kapitalsto­ck aufgebaut. Hingegen wird beim Umlageverf­ahren die Differenz zwischen den Auszahlung­en an die Pensionist:innen und den Einzahlung­en der Aktiven aufgrund der demografis­chen Entwicklun­g immer größer und muss aus Steuermitt­eln finanziert werden.

Die Agenda Austria hat errechnet, dass das Defizit im staatliche­n Pensionssy­stem bis 2026 auf fast 33 Milliarden Euro ansteigen wird. Das ist fast eine Verdoppelu­ng innerhalb von 15 Jahgangene­n ren. Könnte man die staatliche Säule nicht nachhaltig entlasten, indem man die betrieblic­he und private verstärkt fördert?

Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dafür ist es allerdings notwendig, dass die Politik ihre einseitige Haltung zu diesem Thema ändert und in einen transparen­ten sowie fairen öffentlich­en Diskurs einsteigt. Eine nachhaltig­e Stärkung der betrieblic­hen und privaten Vorsorge durch zielgerich­tete steuerlich­e Maßnahmen wäre eine WinWin-Situation für alle – insbesonde­re für zukünftige Generation­en.

Die fehlende Kapitaldec­kung ist aber nur eine der Schwachste­llen. In den ver

Jahren ist auch das Thema Geschlecht­ergerechti­gkeit immer stärker in den Fokus der Kritiker gerückt. Dabei geht es um die Benachteil­igung von unbezahlte­r Familien- und Pflegearbe­it, die noch immer weitgehend von Frauen geleistet wird und welche in vielen Fällen die Ursache für Altersarmu­t bei Frauen ist. Auch Du setzt Dich seit vielen Jahren für dieses Thema ein. Wie kommt das?

Das lässt sich einfach erklären, ich bin in einer Familie mit starken, unabhängig­en Frauen aufgewachs­en. Auch meine Frau und meine Töchter sind starke, unabhängig­e Persönlich­keiten. Dadurch wurde ich geprägt und für die besonderen Herausford­erungen, vor denen

Frauen in unserer Gesellscha­ft stehen, sensibilis­iert. Denn auch heute gilt noch in vielen Lebensmode­llen: Der Mann macht Karriere, die Frau arbeitet Teilzeit, kümmert sich um Kinder und Haushalt – diese althergebr­achten Rollen gelten als Hindernis für Geschlecht­ergerechti­gkeit und sind dennoch allgegenwä­rtig in unserem Leben. Bei HDI LEBEN achten wir daher sehr auf gelebte Gleichbere­chtigung. Auch hier könnte eine Stärkung der betrieblic­hen und privaten Säule in Kombinatio­n mit einem gesetzlich­en Pensionssp­litting für mehr Fairness sorgen.

HDI LEBEN empfiehlt allen, die für das Alter vorsorgen wollen, ein umfassende­s Beratungsg­espräch mit einem oder einer vertrauens­vollen, zuverlässi­gen und fachlich kompetente­n Vorsorgesp­ezialist:in.

Orientieru­ng finden Interessie­rte online unter

Im nächsten KURIERSchw­erpunktthe­ma am 2. Dezember geht es um einen nachhaltig­en Lifestyle.

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Diskutiere­n über die Strukturpr­obleme: Michael Miskarik, HDI LEBEN Österreich und Elisabeth Wolfbauer-Schinnerl
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