Kurier (Samstag)

Wie man verhindert, dass Gewalt Schule macht

Neue Strategien gegen die Probleme in Wiener Klassenzim­mern

- VON WOLFGANG KRALICEK

1X SUSPENDIER­T

Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Das gilt nicht nur für Alphabet und Algebra, sondern auch für soziale Grundrechn­ungsarten. Dass Mobbing nicht okay ist, dass Drohungen uncool sind, dass Gewalt keine Lösung ist, solche Sachen.

Weil immer mehr Schülerinn­en und Schüler in dieser Beziehung an Lernschwäc­he laborieren, haben Bildungsst­adtrat und Vizebürger­meister Christoph Wiederkehr (Neos) sowie Bildungsdi­rektor Heinrich Himmer ein neues „Gewaltschu­tzpaket“geschnürt.

Das Paket enthält unter anderem schnelle Eingreifte­ams, die aus Sozialarbe­itern und anderen Spezialist­en bestehen und von den Schulen bei Bedarf angeforder­t werden können, AntiGewalt-Trainings und Strategien zur Gewaltpräv­ention. „Schule soll ein angstfreie­r

SCHULJAHR 2022/2023 2X SUSPENDIER­T 3X SUSPENDIER­T

Raum sein“, sagt Stadtrat Wiederkehr. „Wir lassen die Pädagoginn­en und Pädagogen nicht im Stich. Wichtig ist aber auch Unterstütz­ung für die Schüler.“

Die jetzt vorgestell­ten Maßnahmen sind nicht neu, sie sollen aber verstärkt und teilweise auch verschärft werden. Ausgebaut wird etwa das Programm „Familie in Schule“, in dessen Rahmen Eltern einmal in der Woche mit ihren Kindern in die Schule kommen und in speziellen Klassen lernen sollen, wie man Grenzen setzt oder was Erziehungs­arbeit leisten kann. Denn: „Wir können nicht alle Probleme 4X SUSPENDIER­T in der Schule lösen, es braucht auch die Familien“, sagt Himmer.

Ein zentraler Punkt des Pakets sind die Suspendier­ungen. Bei „Gefahr im Verzug“, also wenn die Sicherheit von Mitschüler­n oder Lehrkräfte­n gefährdet ist, können Schüler für bis zu vier Wochen vom Unterricht suspendier­t werden. Das Problem ist, dass das Problem dadurch nicht gelöst wird. „Die Suspendier­ung ist nur ein Indikator“, sagt Himmer. „Sie ist wie ein Feueralarm, der löscht den Brand ja auch nicht. Wir wollen deshalb nicht nur suspendier­en, sondern auch ein Angebot machen.“

814 Suspendier­ungen

Im Schuljahr 2022/’23 wurden an den Wiener Schulen insgesamt 814 Suspendier­ungen ausgesproc­hen; Spitzenrei­ter waren Neue Mittelschu­len (483 Suspendier­ungen), gefolgt von Sonderpäda­gogischen Zentren (122) 5X SUSPENDIER­T und Volksschul­en (116). Zwei Drittel der Suspendier­ungen dauerten ein bis 14 Tage; es gab aber auch Rückfalltä­ter: Drei anscheinen­d besonders schwierige Schüler fassten nicht weniger als fünf Suspendier­ungen aus und haben vom insgesamt 36 Wochen langen Schuljahr entspreche­nd wenig mitbekomme­n (siehe Grafik).

Neu ist, dass eine Suspendier­ung jetzt verpflicht­end mit einem Gespräch verbunden ist. Sozialarbe­iter oder Psychologe­n sollen mit dem Schüler und dessen Eltern besprechen, unter welchen Bedingunge­n eine Rückkehr in den Schulbetri­eb erfolgen soll.

Und was passiert, wenn das Dialogange­bot von den Eltern nicht angenommen wird? „Dann eben nicht“, sagt der Wiener Bildungsdi­rektor. „Dann endet hier die Kompetenz der Schule, und es gibt eine Meldung an die Kinderund Jugendhilf­e.“

„Die Suspendier­ung ist wie ein Feueralarm, der löscht den Brand ja auch nicht“Heinrich Himmer Wiener Bildungsdi­rektor

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„FEM Med“-Eröffnung mit Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ)

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