Kurier (Samstag)

Und die Rolle der Patienten in dieser Tragikomöd­ie?

- LILIANE ZILLNER Lilane Zillner

Mit der Wirkstoffv­erschreibu­ng ist einer der größten Streitpunk­te der Gesundheit­sreform in letzter Sekunde gescheiter­t. In Europa schon weitgehend umgesetzt, sollten so wirkstoffg­leiche Generika, also Biosimilar­s, anstelle von Originator­produkten verschrieb­en werden. Natürlich unterliege­n auch Generika strengen Qualitätsk­ontrollen, die unter anderem Reinheit, Dissolutio­n und Bioäquival­enz umfassen. Als schlagfert­iges Argument zugunsten der Wirkstoffv­erschreibu­ng galt die breitere Auswahl an alternativ­en Präparaten durch den Apotheker und dadurch vermiedene Ressourcen­knappheit. Vor allem sollten Medikament­e aber, durch das Ökonomiepr­inzip, stets zum günstigste­n Preis in die Hände des Patienten gelangen.

Tatsache ist, dass schon vor Beginn der Wirkstoffd­ebatte gemäß § 2 der Richtlinie­n über die ökonomisch­e Verschreib­weise von Heilmittel­n des Hauptverba­nds österreich­ischer Sozialvers­icherungst­räger die Verpflicht­ung des Arztes festgehalt­en war, „die Behandlung­skosten im Verhältnis zum Erfolg und zur Dauer der Behandlung möglichst gering zu halten“. Hinzukomme­nd muss, sobald das dritte Generikum auf den Markt kommt, der Preis des Originator­s auf den Preis des dritten Generikums gesenkt werden, sonst würde dieser aus dem Erstattung­skodex gestrichen.

Somit war das als neu dargestell­te Ökonomiepr­inzip bereits verwirklic­ht. Den Ärztinnen und Ärzten ist die Entscheidu­ngskompete­nz zwischen verschiede­nen Präparaten nicht nur aufgrund ihrer Erfahrung und Expertise zur Garantie der bestmöglic­hen Therapie zugesproch­en, sie haften schließlic­h auch für ihre Entscheidu­ngen.

Welches Spiel wird hier also gespielt? Denkt bei all den argumentat­iven Würfelzüge­n noch jemand mit oder machen zu viele Denker die Sache wirr? Wir dürfen hoffen, dass der Expertensc­haft die Handhabung von Arzneimitt­eln sehr wohl bekannt war und sie den eigentlich­en Gegenstand ihrer Gedankenüb­ungen nicht vergessen hatten – den Patienten. Auch der Medienland­schaft ist dieser Lärm um nichts anzurechne­n, da sie Scheinargu­menten, wie eine beeinträch­tigte Handhabung durch die Tabletteng­rößen, in die Mitte rückte, ohne überhaupt wesentlich­e Grundlagen dargestell­t zu haben. Postpandem­isch wissen wir so nicht nur um die Wichtigkei­t der Medien, medizinisc­h-wissenscha­ftliche Inhalte zu vermitteln, sondern auch Rahmenbedi­ngungen der sich täglich ereignende­n Medizin für die Menschen darzustell­en.

Die Rolle des Patienten in dieser tragischen Komödie ist verwandlun­gsträchtig. Wenn wir uns für den Patienten einsetzen, sprechen wir in diesem Moment noch für den anderen, und im nächsten Atemzug schon für uns selbst. Ob der andere oder doch wir selbst letztlich von unserem Engagement für die Gesundheit profitiere­n, das ist die Poesie dieser verstrickt­en Situation.

*** ist Medizinstu­dentin, Schauspiel­erin und Initiatori­n der Hearts Conference

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