Und die Rolle der Patienten in dieser Tragikomödie?
Mit der Wirkstoffverschreibung ist einer der größten Streitpunkte der Gesundheitsreform in letzter Sekunde gescheitert. In Europa schon weitgehend umgesetzt, sollten so wirkstoffgleiche Generika, also Biosimilars, anstelle von Originatorprodukten verschrieben werden. Natürlich unterliegen auch Generika strengen Qualitätskontrollen, die unter anderem Reinheit, Dissolution und Bioäquivalenz umfassen. Als schlagfertiges Argument zugunsten der Wirkstoffverschreibung galt die breitere Auswahl an alternativen Präparaten durch den Apotheker und dadurch vermiedene Ressourcenknappheit. Vor allem sollten Medikamente aber, durch das Ökonomieprinzip, stets zum günstigsten Preis in die Hände des Patienten gelangen.
Tatsache ist, dass schon vor Beginn der Wirkstoffdebatte gemäß § 2 der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln des Hauptverbands österreichischer Sozialversicherungsträger die Verpflichtung des Arztes festgehalten war, „die Behandlungskosten im Verhältnis zum Erfolg und zur Dauer der Behandlung möglichst gering zu halten“. Hinzukommend muss, sobald das dritte Generikum auf den Markt kommt, der Preis des Originators auf den Preis des dritten Generikums gesenkt werden, sonst würde dieser aus dem Erstattungskodex gestrichen.
Somit war das als neu dargestellte Ökonomieprinzip bereits verwirklicht. Den Ärztinnen und Ärzten ist die Entscheidungskompetenz zwischen verschiedenen Präparaten nicht nur aufgrund ihrer Erfahrung und Expertise zur Garantie der bestmöglichen Therapie zugesprochen, sie haften schließlich auch für ihre Entscheidungen.
Welches Spiel wird hier also gespielt? Denkt bei all den argumentativen Würfelzügen noch jemand mit oder machen zu viele Denker die Sache wirr? Wir dürfen hoffen, dass der Expertenschaft die Handhabung von Arzneimitteln sehr wohl bekannt war und sie den eigentlichen Gegenstand ihrer Gedankenübungen nicht vergessen hatten – den Patienten. Auch der Medienlandschaft ist dieser Lärm um nichts anzurechnen, da sie Scheinargumenten, wie eine beeinträchtigte Handhabung durch die Tablettengrößen, in die Mitte rückte, ohne überhaupt wesentliche Grundlagen dargestellt zu haben. Postpandemisch wissen wir so nicht nur um die Wichtigkeit der Medien, medizinisch-wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln, sondern auch Rahmenbedingungen der sich täglich ereignenden Medizin für die Menschen darzustellen.
Die Rolle des Patienten in dieser tragischen Komödie ist verwandlungsträchtig. Wenn wir uns für den Patienten einsetzen, sprechen wir in diesem Moment noch für den anderen, und im nächsten Atemzug schon für uns selbst. Ob der andere oder doch wir selbst letztlich von unserem Engagement für die Gesundheit profitieren, das ist die Poesie dieser verstrickten Situation.
*** ist Medizinstudentin, Schauspielerin und Initiatorin der Hearts Conference