Krieg + Pandemie = Inflation + Zerfall
Die aktuelle Inflation sorgt für Unruhe, ist aber nicht vergleichbar mit den Hyperinflationen in der Geschichte der Menschheit. Manchmal gibt es freilich interessante Parallelen
Die Inflation hat Österreich nach wie vor im Griff. Wobei unser Land immer wieder von Inf lationskrisen heimgesucht wurde. Besonders dramatisch war die Lage nach den beiden Weltkriegen. Da grassierte die Hyperinflation. Von Hyperinflation spricht man , wenn die monatliche Inflationsrate über 50 Prozent beträgt. So hierzulande geschehen etwa nach der Niederlage von 1918. Da stand Österreich vor einem gigantischen Schuldenberg. Man musste die Staatsschulden der ehemaligen Monarchie übernehmen sowie Kriegsanleihen,Invaliden-,Witwen-und Waisenrenten bezahlen. Zusätzlich waren Reparationszahlungen zu leisten. Um die enorme Last zu bewältigen, warf der Staat die Notenpresse an und steigerte die
Geldmenge dramatisch. Erst mit der Zusage einer großen Anleihe des Völkerbunds in Genf konnte Ende August 1922 die Inflationsspirale zum Stillstand gebracht werden. 1925 wurde dann die neue Währung eingeführt. 10.000 Kronen wurden zu einem Schilling. Die Hilfe aus dem Ausland hatte jedoch einen Haken: Österreich durfte sich nicht verschulden. Somit waren Investitionen in die Infrastruktur nahezu unmöglich.
Es gibt viele Beispiele von Hyperinflation in der Geschichte der Menschheit. Vor über zehn Jahren haben die beiden US-Forscher Steve Hanke und Nicholas Krus von der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, in einer Studie nicht weniger als damals 57 Hyperinflationen in der neueren Zeit aufgelistet. Argentinien
Schwere Inflationen im Laufe der Geschichte 16. Jahrhundert: Die sogenannte Preisrevolution gilt als erste Inflation in Europa. Edelmetallabbau und -importe aus der Neuen Welt sorgen dafür, dass immer mehr Geld im Umlauf ist. Die Folge: Die Preise steigen. Wird darauf mit der Produktion von noch mehr
Geld reagiert, beginnt ein Teufelskreis, der in einer Hyperinflation enden kann.
(aktuell 140 Prozent) oder die Türkei (über 60 Prozent im Oktober) waren da also noch nicht dabei.
Ursachen immer gleich
Zu den schlimmsten Hyperinflationen in der Geschichte zählt laut Hanke und Krus die deutsche Krise von August 1922 bis Dezember 1923. Wie in Österreich warf auch da die Regierung die Notenpresse an, um Kriegsschulden und Reparationszahlungen quasi ad absurdum zu führen. Das ging auf Kosten der Sparbücher des Mittelstandes. Eine Währungsreform und Kredite der Amerikaner stabilisierten das Land dann vorübergehend.
Die Ursachen von Inflation oder Hyperinflation sind historisch betrachtet übrigens mehr oder weniger immer dieselben, wie die Studie der beiden Forscher zeigt.DazuzählenvorallemKrieg, politisches Missmanagement oder der Übergang von einer Wirtschaftsform zu einer anderen, wie der Plan- zur Marktwirtschaft.
Und manchmal wiederholt sich die ganze Sache auch ein wenig. So offenbart die Wirtschaftsgeschichte des Römischen Reiches einige Parallelen mit der Gegenwart. Nach Jahrhunderten der Kriege folgte (wie heute in der westlichen Welt nach 1945) ab dem ersten Jahrhundert eine Zeit relativer ökonomischer Stabilität. Dann aber, ab dem Jahr 165, bricht eine Pandemie aus. Die Pest. Historiker schätzen, dass dabei 10 bis 30 Prozent der Einwohner des Imperiums ums Leben kommen. Mit fatalen Folgen.
Wenn zum Beispiel in der Landwirtschaft niemand mehr da ist, der das Getreide ernten kann, wird das Angebot knapp, und die Preise explodieren. Schon damals wurde versucht, die Preise zu regulieren. Was aber nur die Schattenwirtschaft beflügelte.
Pandemie, Inflation und dazu ständig neue Kriege haben ab dem dritten Jahrhundert die Wirtschaft Roms und damit die politische Ordnung zerrüttet. Das Reich ging unter. Krieg plus Pandemie ist Inflation plus Zerfall des alten politischen Systems: In der Neuzeit kann man das in Deutschland und Österreich nach 1918 beobachten. Nach dem Weltkrieg kamen Spanische Grippe, Inflation und der Untergang der alten Ordnung. Das Ergebnis war dann der Faschismus.