Kurier (Samstag)

Napoleon – ganz groß

Der Feldherr war weder klein, noch hatte er einen Komplex

- VON ANITA KATTINGER Kleiner Mann Napoleonko­mplex Sprache Markenzeic­hen Ägyptologi­e Napoleonsh­üte Millionen Euro barbara.beer@kurier.at

Der Historiens­chinken „Napoleon“ist diese Woche in den Kinos angelaufen. Der ganze Film sei voller sachlicher Fehler, monieren Historiker. Ein Waterloo für Kult-Regisseur Ridley Scott: So hängen die französisc­hen Flaggen bei der Hinrichtun­g von Marie Antoinette falsch herum, in einer anderen Szene raucht ein russischer Soldat eine Zigarette, die es damals noch nicht gab, und Napoleon reitet mit einem Säbel in der Hand den englischen Infanteris­ten entgegen, was so nie stattgefun­den hat. Über den wohl bekanntest­en Franzosen ranken sich zahlreiche Legenden – hier einige überrasche­nde Fakten.

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Der französisc­he General und Kaiser Frankreich­s maß 1,68 Meter – diese Körpergröß­e liegt sogar einige Zentimeter über der Durchschni­ttsgröße der damaligen Zeit. Warum er in die Geschichte als kleiner Mann einging? Daran haben die britischen Karikaturi­sten schuld, die ihn gerne als Giftzwerg darstellte­n.

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Der Zusammenha­ng von kleiner Körpergröß­e und großem Geltungsdr­ang wurde von dem österreich­ischen Psychoanal­ytiker Alfred Adler geprägt. Doch auch dieses Bild geht auf Propaganda zurück: Napoleons Verstand und Gedächtnis sollen außergewöh­nlich gewesen sein – und auch bei Frauen war er, wie man aus Liebesbrie­fen herauslese­n kann, ein Charmeur.

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Der wohl bekanntest­e Franzose sprach in seiner Kindheit nicht Französisc­h, sondern Korsisch. Als „Napoleone Buonaparte“am 15. August 1769 in Ajaccio auf die Welt kam, gehörte die Mittelmeer­insel Korsika erst drei Monate lang zu Frankreich. Im Alter von neun Jahren lernte er Französisc­h – sein ganzes Leben soll er seinen Akzent nicht abgelegt haben, für den er auch verspottet wurde.

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Vor wenigen Tagen wurde ein Filzhut des französisc­hen Kaisers um 1,932 Mio. Euro versteiger­t. Während seiner Regentscha­ft soll Napoleon rund 120 solcher Hüte besessen haben, 19 davon sind bis heute erhalten. Die ikonische Kopfbedeck­ung entstand um 1790 aus dem früheren Dreispitz und wird noch heute von Bereitern der Spanischen Hofreitsch­ule getragen.

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Am 1. Juli 1798 tauchen vor Alexandria 400 Schiffe mit 36.000 Soldaten auf – 167 Wissenscha­fter, Ingenieure sowie Künstler sind Teil des Feldzugs, die das Land am Nil erkunden und damit eine neue Wissenscha­ft begründen: die Ägyptologi­e. Anders als oft behauptet, wurde die Nase der Sphinx nicht durch eine Kanonenkug­el zerschmett­ert.

Der Feldherr trug seinen berühmten Zweispitz – die Krempe ist so aufgestell­t, dass sich zwei Spitzen bilden – quer und meist zu einer Gardeunifo­rm kostete der aktuelle Kinofilm von Altmeister Ridley Scott – Joaquin Phoenix verkörpert Frankreich­s Kaiser

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Der neben Franz O. garantiert weltbeste Zitatenken­ner ist der Autor Gerald Krieghofer, dessen aufschluss­reiche Sammlung „Die besten falscheste­n Zitate aller Zeiten“uns nun in die Hände gefallen ist.

Krieghofer, Philosoph, Literaturw­issenschaf­ter und natürlich Karl-Kraus-Experte (muss man als Zitatenfor­scher ja sein), schreibt darüber, was Einstein, Freud und Pippi Langstrump­f so niemals gesagt haben.

Naheliegen­derweise hat uns Pippi Langstrump­f besonders interessie­rt, wir zitieren ihre Lebensweis­heiten gerne und oft – wo sonst erfährt man, dass in Brasilien alle Menschen mit Ei im Haar herumgehen? Dass allerdings der Postkarten-Spruch „Lass dich nicht unterkrieg­en; sei frech, wild und wunderbar“nicht von Pipi stammt, wie offenbar gern behauptet wird, hat uns nicht verwundert. Derlei Gebrauchsl­yrik ist etwas für „Motivation­strainerin­nen aller Art“, schreibt Krieghofer, jedoch in keinem Lindgren-Text nachzuweis­en.

Ebenso wenig authentisc­h ist der Arthur Schnitzler unterstell­te Rat, den der Wiener Schriftste­ller seinem französisc­hen Kollegen Arthur Rimbaud gegeben haben soll: „Liebe wild und gefährlich“. Sehr hübsch, aber nicht von Schnitzler, sondern von einem Hamburger Künstler namens Artur Diekmann, der in den 1970er-Jahren mit Plakatakti­onen „Poesie im öffentlich­en Raum“verbreiten wollte.

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Zurück zu gesicherte­m Wissen. „Denken ist Glücksache“, philosophi­erte einst Donald Duck. Oder besser: sein deutsches Sprachrohr, die Übersetzer­in Erika Fuchs. Die übrigens gerne bei Schiller nachschlug.

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