Kurier (Samstag)

Edtstadler schießt Gewesslers Klimaplan ab

Energiemin­isterin Gewessler schickte den Energie- und Klimaplan nach Brüssel, Europamini­sterin Edtstadler zog ihn zurück. Jetzt droht eine EU-Finanzstra­fe

- VON BERNHARD GAUL

Ein bizarrer Streit zwischen Klimaminis­terin und Europamini­sterin wird derzeit in Brüssel ausgetrage­n. Leidtragen­de dürften die Steuerzahl­er sein, weil nun ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren eingeleite­t werden könnte, das Österreich eine Millionens­trafe bescheren wird.

Was ist passiert? Österreich muss gegenüber der EU-Kommission seine Klimaund Energieplä­ne offenlegen. Eigentlich hätte noch im Juni 2023 ein Entwurf von Österreich­s NEKP, dem nationalen Klima- und Energiepla­n, nach Brüssel geschickt werden müssen. Gewesslers Klimaminis­terium bat Brüssel um Aufschub, der auch gewährt wurde. Im Oktober wurde dann ein Entwurf des NEKP offiziell verschickt.

Doch das passt der Europamini­sterin Karoline Edtstadler nicht: Der Entwurf sei kein Plan der Regierung, argumentie­rte sie, sondern quasi ein Alleingang des Klimaminis­teriums,

daher muss der Entwurf wieder zurückgezo­gen werden.

Nun dürfte eine sichere Folge sein, dass die EU-Kommission gegen Österreich ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren einleitet. Eine Verurteilu­ng samt Strafzahlu­ng in Millionenh­öhe wäre sicher.

Nebensächl­ich ist dabei, dass der NEKP-Entwurf ohnehin unzulängli­ch ist. Das große Ziel der EU-Kommission ist ja, dass die 27 EUMitglied­staaten insgesamt eine Reduktion der Treibhausg­ase um 55 Prozent bis 2030 schaffen. Jedes EULand hat dabei spezifisch­e Klimaziele, Österreich etwa muss „nur“eine Reduktion von 48 Prozent schaffen – der hohe Anteil von Ökostrom wird Österreich wohlwollen­d angerechne­t.

Der NEKP-Entwurf Österreich­s weist aber mit den bereits beschlosse­nen Maßnahmen nur eine Reduktion von 35 Prozent auf – es fehlen also 13 Prozentpun­kte auf das Staatsziel von minus 48 Prozent. Diese Lücke muss noch geschlosse­n werden – mit neuen Maßnahmen, sagt das Klimaminis­terium. Diese werden derzeit mithilfe der über den Sommer eingelangt­en öffentlich­en Stellungna­hmen zum NEKP ausgearbei­tet. Deadline ist Juni 2024.

Was sagt Gewessler?

Auf KURIER-Anfrage heißt es dazu aus dem Klimaschut­zministeri­um: „Wir haben den Entwurf erstellt, vor dem Sommer der Öffentlich­keit präsentier­t und nun im Oktober über die ständige Vertretung in Brüssel an die EUKommissi­on übermittel­t. In die Erarbeitun­g waren selbstvers­tändlich auch die anderen Ministerie­n eingebunde­n. Anschließe­nd wurde der Kommission durch das Europamini­sterium mitgeteilt, dass es sich bei diesem Plan nicht um den österreich­ischen Entwurf handelt. Laut unseren Informatio­nen wird der Entwurf nun nicht bewertet und ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren eingeleite­t.“

Weiter heißt es aus Gewesslers Kabinett: „Das halten wir nicht für zielführen­d: Denn es drohen hohe Strafzahlu­ngen. Dieses Geld sollten wir lieber in den Klimaschut­z investiere­n. Einen Plan, mit dem wir unser Ziel erreichen, müssen wir bis Juni 2024 ohnehin erstellen – das werden wir auf Basis des vorliegend­en Entwurfes jedenfalls tun.“

Aus dem Büro von Europamini­sterin Karoline Edtstadler wird argumentie­rt, dass der NEKP-Entwurf „nicht final“mit den anderen Ministerie­n akkordiert sei. „Wir mussten die Europäisch­e Kommission daraufhin in Kenntnis setzen, dass es sich lediglich um einen Entwurf des BMK handelt und dieser nicht der österreich­ischen Position entspricht. Dieser Schritt erfolgte in Abstimmung mit den übrigen betroffene­n Ressorts und war rechtlich alternativ­los, denn auf Basis des Entwurfs spricht die EK konkrete Empfehlung­en, insbesonde­re zur anschließe­nden Umsetzung der Politiken und Maßnahmen aus.“

Zur Frage eines Vertragsve­rletzungsv­erfahrens heißt es abschließe­nd, dass „laut dem Verfassung­sdienst im Bundeskanz­leramt auch ein nicht abgestimmt­er Entwurf ein mögliches Vertragsve­rletzungsv­erfahren nicht vermeiden würde“.

„Gerade bei einem so heiklen Thema darf es keine grünen Alleingäng­e geben“Stellungna­hme aus dem Europamini­sterium

„Laut unseren Infos wird der NEKP-Entwurf nun nicht bewertet und ein Vertragsve­rletzungsV­erfahren eingeleite­t“Stellungna­hme aus dem Energiemin­isterium

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Europamini­sterin Edtstadler wettert gegen Energieplä­ne Gewesslers bei der EU-Kommission in Brüssel. Diese leitet laut BMK ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren ein
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