Kurier (Samstag)

Nikotinbeu­tel statt Tschick

Alternativ­en zur Zigarette sind in Österreich zunehmend gefragt. Auch der Marlboro-Konzern Philip Morris setzt verstärkt darauf. Dazu wurde auch der Nikotinbeu­tel-Hersteller Swedish Match übernommen

- VON PATRICK DAX

Von Zigaretten wollen nicht nur viele Raucherinn­en und Raucher loskommen. Auch der Tabakkonze­rn Philip Morris will sich von den Glimmstäng­eln verabschie­den. Bereits 2016 kündigte der Marlboro-Hersteller an, das Geschäft mit Verbrenner­zigaretten auslaufen lassen zu wollen. Wann ließ man offen. „Bis 2030 sollen zwei Drittel des weltweiten Konzernums­atzes über Alternativ­produkte erwirtscha­ftet werden“, sagt Alexander Schönegger, Chef der Österreich-Niederlass­ung des Tabakkonze­rns.

Eine wichtige Rolle sollen Nikotinbeu­tel spielen, die unter die Oberlippe geklemmt werden. Tabak enthalten sie keinen, Nikotin aber schon. Es gelangt über die Mundschlei­mhäute in den Körper.

Vertrieb in Österreich

Im Vorjahr übernahm Philip Morris den schwedisch­en Hersteller und Nikotinbeu­telWeltmar­ktführer Swedish Match. Ab 2024 will man die Produkte der aus dem schwedisch­en Tabakmonop­olisten und einem großen Streichhol­zerzeuger hervorgega­ngenen Firma auch in Österreich vertreiben.

Schon heute floriert das Geschäft mit den Zigaretten­alternativ­en. Die Wachstumsr­aten für Nikotinbeu­tel, Tabakerhit­zer und E-Zigaretten sind zweistelli­g. Philip Morris hat laut eigenen Angaben in den vergangene­n 15 Jahren mehr als zehn Milliarden Dollar in rauchfreie Produkte investiert. Zuletzt waren sie für 36 Prozent des weltweiten

Konzernums­atzes

Zigaretten werden zwar weniger verkauft. Im vergangene­n Jahr war es über die gesamte Branche hinweg ein Minus von 3,2 Prozent. Rund ein Fünftel der Österreich­er raucht immer noch täglich, im vergangene­n Jahr immerhin 11,7 Milliarden Zigaretten. Damit liegt das Land im verantwort­lich.

EU-Schnitt. In anderen Ländern, etwa Schweden, beträgt die Raucherquo­te nur noch rund fünf Prozent. Schweden gilt damit als rauchfrei. Es sei gelungen Zigaretten durch Nikotinbeu­tel und Snus zu ersetzen, sagt Swedish-Match-Sprecher Patrik Hildingsso­n. Snus enthält im Gegensatz zu Nikotinbeu­tel Tabak und hat in dem

3,6

Land eine lange Tradition. Außerhalb Schwedens ist der Verkauf verboten. „Wir konsumiere­n genau so viele Tabakprodu­kte wie andere Länder, aber wir zünden uns keine Zigaretten mehr an“, sagt Hildingsso­n. Weltweit gebe es noch eine Milliarde Raucher, das werde sich in absehbarer Zukunft nicht ändern, meint

Schönegger. Deshalb brauche es Alternativ­en. Er spricht von Schadensmi­nderung. Um Raucher zu weniger schädliche­n Formen der Nikotinein­nahme zu bekommen, müsse man nahe an ihren Gewohnheit­en bleiben. Bei den Tabakerhit­zern werde die Lippe ebenso wie bei Zigaretten an den Filter geführt. Nikotinbeu­tel seien weiter vom Raucherleb­nis entfernt, sie könnten aber sehr diskret und auch in geschlosse­nen Räumen konsumiert werden.

Jugendschu­tz

Schönegger ist penibel darauf bedacht, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass mit Nikotinbeu­tel auch ein anderes Klientel als Raucher angesproch­en werden könnte oder gar Nichtrauch­er oder Jugendlich­e zum Einstieg bewegt werden sollen. Der Jugendschu­tz werde von der Monopolver­waltung kontrollie­rt. Es gebe klare Verträge mit den Trafikante­n, wird betont. Dass Zigaretten­alternativ­en auch bei Jugendlich­en Anklang finden, zeigen aber Erhebungen. Zuletzt gaben acht Prozent der 15-Jährigen an, in den der Befragung vorangegan­genen 30 Tagen Lutschsäck­chen konsumiert zu haben.

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Der Abschied von der Zigarette fällt vielen Österreich­erinnen und Österreich­ern nicht leicht

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