Kurier (Samstag)

Sollen 14 Monatsgehä­lter auf 12 aufgeteilt werden?

PRO&CONTRA

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Ein Jahr hat zwölf Monate. In Österreich dreht sich das Rad der Zeit für viele Menschen gehaltstec­hnisch jedoch schneller. Arbeitnehm­er und Pensionist­en erhalten 14 Auszahlung­en. Das ist natürlich für all diealim se Menschen toll, wenn zweim Jahr das Konto so richtig aufgefüllt wird. Doch diese historisch­e Errungensc­haft der Gewerkscha­ften aus den 50er-Jahren ist ungefähr so zeitgemäß wie die alljährlic­hen Rituale der Lohnrunden.

Im internatio­nalen Vergleich sind Extrazahlu­ngen für Urlaubs- und Weihnachts­geld unüblich. Ausländisc­he Arbeitnehm­er, die sich für einen Job in Österreich interessie­ren, werden durch ein vermeintli­ch vergleichs­weise geringeres Gehalt möglicherw­eise von einer Bewerbung abgehalten, weil sie von nur 12 Gehältern ausgehen.

Eine Anpassung an internatio­nale Standards würde die Menschen auch dazu bringen, sich mehr mit dem Thema Sparen auseinande­rzusetzen. Ein Sommerurla­ub oder Weihnachts­geschenke sind auch bei 12 Gehältern leistbar – sofern man die dann höheren Auszahlung­en nicht sofort für diverse Anschaffun­gen oder kurzfristi­ge Vergnügung­en auf den Putz haut.

Das 13. und 14. Gehalt werden nur mit 6 Prozent versteuert. Das ist gut so und kann bei einer Umstellung auf zwölf Auszahlung­en auch leicht beibehalte­n werden. Auf die Summe, die dann monatlich oben drauf kommt, fällt einfach weiterhin der geringere Steuersatz an. Und bei der Gelegenhei­t könnte man gleich die Steuer bei den normalen Monatsgehä­ltern reduzieren. Robert Kleedorfer, Ressortlei­ter Wirtschaft

Natürlich nicht. Und vor allem nicht jetzt , da die wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten derartig rasanten Veränderun­gen unterworfe­n und die Aussichten zudem trübe sind. Österreich befindet sich in einer Rezession, deren Ausmaß und Dauer wir allesamt noch nicht annähernd ausmachen können. Nur, dass die Stimmung schlecht ist, das merken alle, nur die Neos scheinbar nicht. Deren Vorstoß kommt während Kollektivv­ertragsver­handlungen zur absoluten Unzeit und zeugt weder von Gespür für das Timing von politische­n Botschafte­n/Inhalten noch von Kenntnis der österreich­ischen Bevölkerun­g.

Die Österreich­er zahlen gern bar, Kanzlerpar­tei (ÖVP) und „Volkskanzl­er“-Partei (FPÖ) wollen Bargeld sogar in die Verfassung schreiben, während anderswo vieles nur noch digital bezahlt wird. Übriges Geld wird hierzuland­e aufs Sparbuch gelegt, selbst wenn es ob de facto Null-Verzinsung und zweistelli­ger Teuerungsr­aten – wie bis vor wenigen Wochen – immer weniger wert wird. Die Österreich­er halten es insbesonde­re in Geldfragen mit Goethe: „In der Gewohnheit ruht das einzige Behagen des Menschen“. Wer mit diesen Gewohnheit­en brechen will, der braucht einen langen Atmen und stringente, für jedermann nachvollzi­ehbare, stichhalti­ge Argumente. Diese liefern die Neos nicht. Dass das 13. und 14. Gehalt im Ausland unbekannt ist und deshalb vor dem Arbeitsort Österreich abschrecke­n könnte, ist fad(enscheinig). Parameter sind Jahresgehä­lter – und die werden höher, wenn man die Lohnnebenk­osten senkt. Johanna Hager, Stv. Leiterin Innenpolit­ik

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