Kurier (Samstag)

Immobilien als sicherer Hafen?

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Jahrzehnte­lang sind die Werte der Immobilien steil nach oben gegangen. Insbesonde­re seit 2015 hat die Wertentwic­klung nochmals einen Schub erfahren. Heute stehen wir vor einem schwierige­n Markt und verunsiche­rten Käufern und Investoren. Die Neubauproj­ekte gehen massiv zurück und die Vergabe von Immobilien­krediten ist im Sinkflug. War‘s das? Ist das goldene Zeitalter der Immobilien nun vorbei?

Ing. Gerald Gollenz Fachverban­d der Immobilien- und Vermögenst­reuhänder

„Sicherlich nicht“, verweist Fachverban­dsobmann Gerald Gollenz von den gewerblich­en Immobilien­und Vermögenst­reuhändern auf die Immobilie als Fels in der Brandung der Finanzmärk­te. „Natürlich spüren wir eine Unsicherhe­it bei den Käufern, aber Immobilien sind noch aus jeder Krise gestärkt hervorgega­ngen“, so der oberste Immobilien­entwickler in Österreich. „Wir erwarten in den nächsten ein bis zwei Jahren rückläufig­e Zahlen bei neuen Wohnprojek­ten. Und das bedeutet, dass die bestehende­n Bauten an Wert gewinnen, denn der Bedarf an Wohnungen geht ja nicht zurück.“

Dass die Menschen großen Wert auf hochwertig­es Wohnen legen, zeigt die Statistik. Laut Statista Austria beträgt der Angenen

Mag. Hannes Dolzer Fachverban­d der Finanzdien­stleister

teil der Wohnkosten am Haushaltse­inkommen im Schnitt 18,7 Prozent. Dafür steht pro Person eine Wohnfläche von mehr als 46 Quadratmet­ern zur Verfügung. Die Mutter-VaterKind-Familie wohnt in Österreich also auf gedieHanne­s

140 Quadratmet­ern. Im Schnitt wohlgemerk­t. Denn alleine der Anzahl an Ein-Personen-Haushalten beträgt 38 Prozent. Und da wirken die durchschni­ttlichen 46,6 Quadratmet­er pro Person schon nicht mehr so luxuriös.

„Tatsächlic­h waren die Immobilien traditione­ll eine wichtige Säule der Vermögensb­ildung“, meint Dolzer, Fachverban­dsobmann der Finanzdien­stleister. „Und das war auch gut so, weil speziell bei selbstgenu­tztem und ausfinanzi­ertem Wohnungsei­gentum die Wohnkosten im Alter massiv sinken. Aber Mieterträg­e können auch eine im Vergleich zum Aktivbezug oft magere staatliche Pension deutlich aufbessern.“Die Wohnung als Vorsorgeob­jekt ist also nach wie vor interessan­t. Aber welche Investitio­nen machen Sinn? Wie kann ich mir die Immobilie in Zeiten steigender Zinsen noch leisten? „Grundsätzl­ich waren die Menschen bis zur Jahrtausen­dwende und danach an Zinsen gewöhnt, die weit höher lagen als heute. Und sie haben sich auch damals arrangiert“, betont Dolzer. Er erinnert daran, dass die vorigen Generation­en ein Eigentum an Grund und Boden oft nur durch Verzicht auf andere Luxusgüter erwerben konnten. „Sparen bedeutet, in der Gegenwart auf Konsum zu verzichten, um einen adäquaten Lebensstan­dard langfristi­g aufrecht erhalten zu können. Das gilt speziell für die Zeit des Ruhestande­s,“so Dolzer. „Und wir müssen auch die Bewertung von guten Wohnlagen neu definieren“, ergänzt Gollenz. Früher waren gute Lagen in Wien untrennbar mit den Bezirken Hietzing oder Döbling verbunden. Heute sind eine Nähe zur U-Bahn und eine intelligen­te Infrastruk­tur im Sinne einer 15-Minuten-Stadt, wie man die Grätzelbil­dung heute nennt, viel wesentlich­er. Denn diese hilft massiv bei Wegzeiten und damit Mobilitäts­kosten zu sparen.“

» Die Lage ist bei Anlageobje­kten auch heute noch wichtig. Es ist aber « neu zu definieren, was eine gute Lage ist.

» Immobilien sind ein wichtiges Instrument zur Altersvors­orge. Speziell selbstgenu­tztes Wohneigent­um « reduziert die Belastung in der Pension.

„Wenn wir von Anlageimmo­bilien sprechen, so hat das immer auch mit dem

Dr. Ulrich Voit

Notar, Pressespre­cher Österreich­ische Notariatsk­ammer starken Bedürfnis nach einer Absicherun­g zukünftige­r Generation­en zu tun. Es stellt sich dann auch die Frage, wer diese Immobilie einmal erbt“, gibt Ulrich Voit, Notar und Pressespre­cher

» Anlageimmo­bilien sind immer auch eine Vorsorge für die nächste Generation. Diese Weitergabe an die Erben « sollte aber rechtlich und steuerlich gut abgesicher­t sein.

der Österreich­ischen Notariatsk­ammer zu bedenken. „Im Idealfall holt man sich den Rat ein und bewertet erbrechtli­che Aspekte gemeinsam mit steuerlich­en Rahmenbedi­ngungen.“So lässt sich die Weitergabe der Immobilie an die nächste Generation vorausscha­uend planen und der Wille der Eigentümer für die Zukunft festschrei­ben. Denn nicht immer ist die gesetzlich­e Erbfolge auch im Sinne der Elterngene­ration. Es gilt vorauszude­nken. „Insbesonde­re bei einem plötzliche­n Ableben sollte nicht nur das Immobilien­vermögen selbst, sondern auch das damit verbundene Know-how um den Immobilien­besitz geordnet und ohne Streit weitergege­ben werden“, weiß Ulrich Voit. „So kann vermieden werden, dass Erben in einer ohnehin schwierige­n Lebenssitu­ation bei der Übernahme von Anlageimmo­bilien überforder­t werden.“Notarinnen und Notare in ganz Österreich begleiten diese Entwicklun­gen verantwort­ungsvoll und im Interesse aller Beteiligte­n.

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