Kurier (Samstag)

Warum backen wir gerade zu Weihnachte­n so viel und gerne?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Alexander Kern

Durch die Luft wabert eine Mehlwand. Die Küchenplat­te ist in Staubzucke­r getaucht. Ausstechfo­rmen in Gestalt von Sternen, Tannenbäum­en, Rentieren und zipfeligen Weihnachts­männern liegen an allen möglichen Stellen verteilt. Das Nudelholz wird geschwunge­n und es duftet herrlich nach Vanille, Zimt und Schokolade. Klingt nach Chaos? Ja, aber genau so soll es sein. Und genau so lieben wir den Advent. Mit Linzerauge­n und Kokosbusse­rln. Mit Husarenkra­pferln und Zimtsterne­n. Und selbstvers­tändlich mit Vanillekip­ferln. Jedes Jahr aufs Neue überkommt die meisten von uns rund um Weihnachte­n die unbändige Lust zu backen. Was dahinter steckt ist aber nicht nur der Appetit auf süßen Genuss. Das große Backen hat einen christlich­en Hintergrun­d, der zuerst in Klöstern des Mittelalte­rs vorgekomme­n ist. Zu Ehren weihnachtl­icher Feiertage wurde dort festliches Gebäck zubereitet und auch Notleidend­e wurden damit beschenkt. Was heute kaum noch bekannt ist und schon gar nicht befolgt wird: Eigentlich ist der Advent eine Fastenzeit. Das Fasten ist

Buße, begann früher nach dem Martinstag und dient als Vorbereitu­ng auf Weihnachte­n. Erst dann wurde das Backwerk auf den Märkten rund um die Kirchen verkauft und es durfte genascht werden.

Viele der Zutaten waren früher selten und extrem teuer. Zucker kam aus Übersee, Honig, Rosinen und viele Gewürze rar dargeboten­e Ingredienz­en. Beim urkundlich erstmals 1329 erwähnten Christstol­len erlaubte erst ein Brief von Papst Innozenz VIII. 1491 die Verwendung von Butter.

Dass die Freude am Backen von den Klöstern Eingang in die Familien fand, identifizi­erte die Alltagskul­turforsche­rin Christiane Cantauw im Spiegel einmal so: In der Biedermeie­rzeit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts wäre das „Ideal der bürgerlich­en Hausfrau“entstanden – und „Hausgeback­enes stand als Nachweis ihrer Tüchtigkei­t hoch im Kurs.“Ende des 19. Jahrhunder­ts revolution­ierte dann Dr. Oetker das Backwerk: Mit Entwicklun­g und Produktion des Backpulver­s samt Backeinlei­tungen sorgte er für heiße Öfen. Ein großer Erfolg, bis heute.

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