CHAOS deluxe

anche Dinge besaßen bei aller Tragik einen Stich ins Komische. Todtraurig: Anselm hatte sich für immer verabschiedet. Wir hatten es über Dritte erfahren. Krebs. Er war einer von vielen Verflossenen meiner Freundin S gewesen, die in ihren Hey-days die Verehrer blockweise abfertigen musste. Ich erinnerte mich, dass diese Beziehung deswegen gescheitert war, weil dieser Anselm an einer Zwangsstörung gelitten hatte: Es war ihm nahezu hysterisch wichtig gewesen, dass in den gemeinsamen Schränken die Wäsche nach einer gewissen japanischen Faltmethode geordnet war. Unter uns: Wir hatten schon zuvor die Anselm-Wahl unserer Freundin nicht verstanden. Der Mann war der personifizierte Durchschnitt – nicht nur optisch, auch jobmäßig. Er handelte im großen Stil mit einem sexy Ersatzteil wie Saugdeckelpumpverschlüssen oder so ähnlich. Aber er hatte einen Riesenbonus wie uns S gestand: „Er hat meinen Ex in unsere Beziehung integriert. Ich, damals eine einzige Wunde und von diesem Dreckskerl Wolfi wie besessen. Ich hab’ nur von ihm gequatscht. Und Anselm hat akzeptiert, dass wir zu dritt sind und ich ihn noch nicht loslassen konnte.“Tatsächlich hatte diese niedliche Psychoperversion manchmal solche Ausmaße angenommen, dass Anselm bei Autofahrten fiktive Gespräche mit dem ExWolfi geführt hatte: „Lieber Herr Wolfgang, wie geht es uns heute? Vielleicht ein Mintbonbon? Und eines müssen Sie wissen, lieber Wolfi, ich darf doch Wolfi sagen, ich passe sehr gut auf Ihre Ex-Nervensäge auf.“Wenigsten sein Humor war überdurchschnittlich. „Er hat einfach akzeptiert, dass es mich damals nicht alleine gab und wir eine kleine Beziehungsfamilie waren“, sagt sie heute allen Ernstes und ihr geliebter Ehemann (seit über 20 Jahren) lächelt milde. Fantasie ist eben das, was sich die wenigsten vorstellen konnten. Rest in peace, Anselm. Hoffentlich sind im Himmel die Unterhosen richtig gefaltet. Gott (oder wer immer da oben Dienst hat) schütze die Verrückten.

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