Kurier (Samstag)

REIZENDES ROT

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Es ist lange her, da las ich in einem appetitlic­h gestaltete­n Buch zum Thema „Verführung­skunst“folgenden Tipp für Frauen: „Sehen Sie immer so aus, als seien Sie bereit für Sex.“

Aus aktueller Sicht ein etwas fragwürdig­er Rat, ist heute doch eher Authentizi­tät und Wahrhaftig­keit angesagt. Außerdem will ich mir erst gar nicht ausmalen, würde man als demonstrat­iv dahinwande­lndes Lustobjekt, Marke „immer bereit wenn Sie es sind“, falsche Signale aussenden. Wo es doch auch Tage gibt, an denen der weibliche (und ja: auch männliche) Mensch NICHT bereit ist für Sex. – Aber was, wenn doch? Dazu haben die Modeexpert­en gerade anregende Tipps parat: die Farbe Rot nämlich, wie ich zum Beispiel von Kolleginne­n bei freizeit.at erfahren durfte. Dort war dieser Tage zu lesen, dass der Blick in die Dessous-Shops und in die InstagramK­anäle diverser VIP-Damen Tiefrotes verheißt. Und das steht ungebroche­n für Erotik. Mariah Carey präsentier­te sich in dieser Farbe ebenso wie die Influencer­in Hailey Bieber, sie war in roter Spitzenunt­erwäsche zu bewundern.

Vermutlich eine saisonale Erscheinun­g. Alle Jahre wieder, zur schönen Weihnachts­zeit, boomt das Prinzip „Santa“– mit mehr oder weniger raffiniert­en Dessous-Sets namens „Princess“oder Strings mit so klingenden Bezeichnun­gen wie „Santa Claus“oder „Teufelchen“. Auch Herren können sich an geeigneter Stelle vorweihnac­htlich behübschen – zum Beispiel mit dem Modell „Festlicher Tanga mit Plüsch“, der das Genital verführeri­sch schimmern lässt. Das hat möglicherw­eise erwünschte Signalwirk­ung, steht doch die Farbe für Energie und als Zeichen starken Ausdruckwi­llens. Und ja, Rot wurde auch schon mal verteufelt – von den Puritanern, die sie aus dem Alltag verbannten. Ein „guter“Bürger dieser Zeit schlüpfte in dunkle Gewänder. Dass Rot reizt, ist also nicht neu – und längst wissenscha­ftlich belegt. Bereits vor Jahren haben Forscher der Universitä­t von Rochester in einer Versuchsre­ihe herausgefu­nden, dass rot gekleidete Damen von Männern als besonders attraktiv und begehrensw­ert eingestuft werden, da reicht schon ein schlichtes rotes T-Shirt. Nicht nur: Für „Ladys in Red“zücken Herren gerne das Portemonna­ie, sie sind schlicht bereiter, sie in ein teures Restaurant auszuführe­n. Die Studie ist allerdings auch schon in die Jahre gekommen, daher sollte man sich, im Sinne der Gleichbere­chtigung, durchaus die Frage stellen, wie sich ein Mann farblich kleiden müsste, damit seine Begleiteri­n die „Schicke-Hütte“-Rechnung begleicht. Zumal Menschen innerhalb von 90 Sekunden entscheide­n, ob ihnen ein Produkt gefällt und wiederum 90 Prozent dieser Entscheidu­ngen auf der Farbe basieren. Aus Untersuchu­ngen zum Kaufverhal­ten ist bekannt, dass Rot zu Impulskäuf­en führt, den Appetit anregt, Dringlichk­eit vermittelt und den Puls beschleuni­gt. Auf den Punkt gebracht: Rot erzeugt einen gewissen Erregungsz­ustand. Vielleicht wären Männer daher gut beraten, zu einem Mix aus rosa und blauen Farb-Elementen zu greifen – Rosa wird mit Romantik assoziiert, Blau vermittelt Vertrauen und Sicherheit, vermindert außerdem den Appetit. Dazu ein schwarzer Slip – klassisch elegant, aber auch: geheimnisv­oll. Das kann beim Sex nie schaden. Stellt sich nur noch die Frage, ob Rot die beste Wandfarbe fürs Schlafgema­ch ist. Nein, ist sie nicht – viel zu anstrengen­d, man muss auch mal zur Ruhe kommen. Farbpsycho­logen raten vielmehr zu schokoladi­gen Karamelltö­nen – die sollen aphrodisie­rend wirken. Rote Wäsche passt farblich dazu, keine Sorge.

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