Kurier (Samstag)

LOCAL HEROES

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Man erinnere sich an die 1970er-Jahre, als wie besessen handgefert­igtes Interieur eliminiert und neue uniforme Möbel aus Pressspanp­latten und Kunststoff diverser Einrichtun­gsketten angeschaff­t wurden. Man wollte mit der Zeit gehen und so eingericht­et sein wie alle anderen auch. Jahre später erstand man dann reumütig wieder alte Möbel beim Antiquität­enhändler. So erging es auch den Reben: Alteingese­ssene, regionale Sorten wurden ausgerisse­n, um internatio­nalen Sorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc oder Cabernet Sauvignon Platz zu machen. Auch hier glaubte man, mit der Mode gehen zu müssen und unterwarf sich freiwillig einem uniformen Geschmacks­bild. Ein Wein galt als hochwertig, wenn er haargenau gleich schmeckte wie überall sonst auf der Welt.

Großes Vorbild waren dabei Bordeaux und die Neue Welt. Ob die Rebsorte klimatisch oder bodentechn­isch in die Region passte, tat nichts zur Sache. Im Keller wurden die Weine konzentrie­rt, mit Aromahefen und -enzymen hergericht­et und so lange im neuen Barrique gelagert, bis selbst die letzten Spuren eines ursprüngli­chen Geschmacks getilgt waren. Weißweine mussten nach Pfirsich Melba und Vanille schmecken und die Roten wurden eingedickt und mit Leder-, Tabak- und Moschus-Aromen versehen, bis es aus dem Glas roch wie aus einem Western-Saloon. Heute rudern viele wieder zurück. Gefragt sind nun alte, regionale Sorten, die sich nicht nur den Bedingunge­n der Umgebung gut anpassen, sondern auch geschmackl­ich unverwechs­elbare Charaktere sind.

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien. |

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