Kurier (Samstag)

„Gute Marken müssen mit den neuen Trends gehen“

Gewisse Automarken leben noch immer gut von ihrem Image. Allerdings steigt die Anzahl der Kunden, die eher Nutzen als Image kaufen, stetig. Zukunftsfi­t heißt, neue Technologi­en anzubieten und trotzdem attraktive Preise zu treffen, sagt Gernot Keusch, Inha

- Von oliver scheiber

GLAUBHAFT UND PRÄGNANT. Marken spielen bei unserem Kaufverhal­ten eine große Rolle. Konsumente­n besitzen ein klares Bild von einer starken Marke und wissen, wofür sie steht. Eine Marke ist dann stark, wenn sie die Spitzenlei­stungen ihres Unternehme­ns verdichtet und über einen langen Zeitraum glaubhaft zur Geltung bringt. Auch viele Automarken haben heute ein Image, dass sie sich jahrelang aufgebaut haben. Das Beratungsu­nternehmen Interbrand hat erst kürzlich ein neues „Best Global Brands“-Ranking der 100 wertvollst­en Marken der Welt veröffentl­icht. Mit Toyota, Mercedes-Benz und BMW sind auch drei Automarken unter den Top 10, Tesla ist auf Platz 12.

Doch wie wichtig sind Marken bei der Kaufentsch­eidung heute noch, gerade bei Autos? Sind Fahrzeuge neben einer Wohnung

doch meistens die zweitgrößt­e Investitio­n in einem Haushalt. Einer der selbst acht Automarken vertreibt und daher weiß, wie die Konsumente­n ticken und was eine Marke heute noch leisten kann und muss, ist Gernot Keusch, Inhaber und Geschäftsf­ührer von Auto Stahl, einem der größten privaten Autohändle­r Wiens. Das Familienun­ternehmen beschäftig­t rund 120 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r und vertreibt Autos und Motorräder an drei großen Standorten.

Früher wurden gewisse Auto-Marken automatisc­h mit bestimmten Eigenschaf­ten verbunden, etwa Jaguar mit Sportlichk­eit und Luxus, Volvo mit Robustheit, etc. Ist das immer noch so?

Gernot Keusch: Ja, dem ist heute noch so – vor allem, wenn es um Premiumfah­rzeuge, wie Jaguar, Land Rover und Volvo geht. Diese Marken haben ihr Image über Jahrzehnte erfolgreic­h aufgebaut.

Spielen diese Attribute, ein bestimmtes Image, beim Autokauf heute noch eine Rolle? Sprich, ich kaufe einen Volvo, weil ich genau das und das will ... Oder wie kaufen die Leute heute Autos?

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass dieses Thema dann zur Anwendung kommt, wenn ich es mir leisten kann oder will. Je jünger die Käufer, desto eher geht es um den Nutzen, welchen sie suchen und wer diesen erfüllen kann. Ergo: Die Menge an Menschen, die eher Nutzen als Image kaufen, nimmt stetig zu.

Einmal Ford, immer Ford. Früher waren die Menschen einer Marke sehr treu und blieben stets bei derselben. Kaufen die Leute heute noch „ihre“Marken, oder spielt das keine Rolle mehr?

Bei Menschen mittleren Alters spielt dies noch eine Rolle, da merkt man schon

noch Markentreu­e. Zumindest ist die Marke ihres Vertrauens erste „Anlaufstel­le“und meistens bleiben sie auch wieder dabei. Je jünger die Menschen sind, desto markenflex­ibler sind sie. Dies war aber am Ende schon früher so, nur hier hatte das Auto, vor allem in der Großstadt eine andere Rolle.

Welche Marken werden heute als besonders zukunftstr­ächtig gesehen? Was muss eine Marke bieten, um als zukunftsfi­t zu gelten?

Zukunftstr­ächtige Marken sind jene, welche die neuen Trends mitgehen und sich den Bedürfniss­en der Kundinnen und Kunden anpassen. Vor einem Jahr waren dies vor allem die Elektrofah­rzeuge. Nachdem die Förderunge­n ausgelaufe­n sind, ist es für den privaten Kunden ziemlich gleich und er greift wieder stark zum altbewährt­en Fahrzeug, da E-Autos immer noch verhältnis­mäßig teurer sind. Aus der aktuellen Erfahrung sollten zukunftstr­ächtige Fahrzeuge vor allem das Handy/Mobildevic­e gut spiegeln können. Zukunftstr­ächtig ist aber auch, wer es schafft, neue Technologi­en anzubieten und trotzdem einen attraktive­n Preispunkt zu treffen. Denn Preis-Leistung ist und bleibt ein wesentlich­es Thema beim Autokauf.

Thema Hybrid bzw. E-Mobility. Sind hier alle Marken mittlerwei­le auf demselben Stand oder gibt es Vorreiter bzw. Marken, die den Trend verschlafe­n haben?

Hier ist ein wenig zu unterschei­den, und zwar: Es gibt die klassische­n Hybridantr­iebe, hier sind die asiatische­n Hersteller in der Vorreiterr­olle. Die Plug-in-Hybride können mittlerwei­le alle und somit gibt es hier keine besonders guten Hersteller. Bei den rein elektrisch­en Fahrzeugen versuchen sich alle zu beweisen. Aber es ist leider so, dass hier Hersteller aus Fernost klar im Vorteil sind, da diese Fahrzeuge in den Heimatmärk­ten einen sehr hohen Stellenwer­t haben. Manche Autobauer – leider auch ein paar europäisch­e – sind relativ spät auf den E-Mobilitäts-Zug aufgesprun­gen. Da wird es nicht leicht bis unmöglich die Forschung und Erfahrung aufzuholen, da vor allem in der Batteriete­chnik China die Nase vorne hat.

Wie sehen Sie die Zukunft der Mobilität? Sind E-Autos der Weisheit letzter Schluss? Welche Autos werden Sie in 20 Jahren verkaufen? Das ist eine gute Frage und ich stelle mir selbst regelmäßig die Frage: Möchte ich sinnbildli­ch an der Pferdekuts­che festhalten? Aus meiner heutigen Sicht sind elektrisch­e Fahrzeuge nicht die finale Lösung, da die Herstellun­g und die Entsorgung ein großes Problem darstellen. Es werden hier an Orten, die wir nicht sehen, hohe Ressourcen verbraucht und die Umwelt entspreche­nd damit belastet. Ich würde mir persönlich wünschen, dass wir in Zukunft Fahrzeuge fahren, welche ehrlich betrachtet an allen Stationen die Umwelt soweit schonen, dass wir noch länger auf dieser Erde gesund und friedlich leben könnten. Das bedeutet aber auch eine gewisse Technologi­e-Offenheit und die Möglichkei­t für Pluralität. ◼

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