„Gute Marken müssen mit den neuen Trends gehen“
Gewisse Automarken leben noch immer gut von ihrem Image. Allerdings steigt die Anzahl der Kunden, die eher Nutzen als Image kaufen, stetig. Zukunftsfit heißt, neue Technologien anzubieten und trotzdem attraktive Preise zu treffen, sagt Gernot Keusch, Inha
GLAUBHAFT UND PRÄGNANT. Marken spielen bei unserem Kaufverhalten eine große Rolle. Konsumenten besitzen ein klares Bild von einer starken Marke und wissen, wofür sie steht. Eine Marke ist dann stark, wenn sie die Spitzenleistungen ihres Unternehmens verdichtet und über einen langen Zeitraum glaubhaft zur Geltung bringt. Auch viele Automarken haben heute ein Image, dass sie sich jahrelang aufgebaut haben. Das Beratungsunternehmen Interbrand hat erst kürzlich ein neues „Best Global Brands“-Ranking der 100 wertvollsten Marken der Welt veröffentlicht. Mit Toyota, Mercedes-Benz und BMW sind auch drei Automarken unter den Top 10, Tesla ist auf Platz 12.
Doch wie wichtig sind Marken bei der Kaufentscheidung heute noch, gerade bei Autos? Sind Fahrzeuge neben einer Wohnung
doch meistens die zweitgrößte Investition in einem Haushalt. Einer der selbst acht Automarken vertreibt und daher weiß, wie die Konsumenten ticken und was eine Marke heute noch leisten kann und muss, ist Gernot Keusch, Inhaber und Geschäftsführer von Auto Stahl, einem der größten privaten Autohändler Wiens. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vertreibt Autos und Motorräder an drei großen Standorten.
Früher wurden gewisse Auto-Marken automatisch mit bestimmten Eigenschaften verbunden, etwa Jaguar mit Sportlichkeit und Luxus, Volvo mit Robustheit, etc. Ist das immer noch so?
Gernot Keusch: Ja, dem ist heute noch so – vor allem, wenn es um Premiumfahrzeuge, wie Jaguar, Land Rover und Volvo geht. Diese Marken haben ihr Image über Jahrzehnte erfolgreich aufgebaut.
Spielen diese Attribute, ein bestimmtes Image, beim Autokauf heute noch eine Rolle? Sprich, ich kaufe einen Volvo, weil ich genau das und das will ... Oder wie kaufen die Leute heute Autos?
Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass dieses Thema dann zur Anwendung kommt, wenn ich es mir leisten kann oder will. Je jünger die Käufer, desto eher geht es um den Nutzen, welchen sie suchen und wer diesen erfüllen kann. Ergo: Die Menge an Menschen, die eher Nutzen als Image kaufen, nimmt stetig zu.
Einmal Ford, immer Ford. Früher waren die Menschen einer Marke sehr treu und blieben stets bei derselben. Kaufen die Leute heute noch „ihre“Marken, oder spielt das keine Rolle mehr?
Bei Menschen mittleren Alters spielt dies noch eine Rolle, da merkt man schon
noch Markentreue. Zumindest ist die Marke ihres Vertrauens erste „Anlaufstelle“und meistens bleiben sie auch wieder dabei. Je jünger die Menschen sind, desto markenflexibler sind sie. Dies war aber am Ende schon früher so, nur hier hatte das Auto, vor allem in der Großstadt eine andere Rolle.
Welche Marken werden heute als besonders zukunftsträchtig gesehen? Was muss eine Marke bieten, um als zukunftsfit zu gelten?
Zukunftsträchtige Marken sind jene, welche die neuen Trends mitgehen und sich den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden anpassen. Vor einem Jahr waren dies vor allem die Elektrofahrzeuge. Nachdem die Förderungen ausgelaufen sind, ist es für den privaten Kunden ziemlich gleich und er greift wieder stark zum altbewährten Fahrzeug, da E-Autos immer noch verhältnismäßig teurer sind. Aus der aktuellen Erfahrung sollten zukunftsträchtige Fahrzeuge vor allem das Handy/Mobildevice gut spiegeln können. Zukunftsträchtig ist aber auch, wer es schafft, neue Technologien anzubieten und trotzdem einen attraktiven Preispunkt zu treffen. Denn Preis-Leistung ist und bleibt ein wesentliches Thema beim Autokauf.
Thema Hybrid bzw. E-Mobility. Sind hier alle Marken mittlerweile auf demselben Stand oder gibt es Vorreiter bzw. Marken, die den Trend verschlafen haben?
Hier ist ein wenig zu unterscheiden, und zwar: Es gibt die klassischen Hybridantriebe, hier sind die asiatischen Hersteller in der Vorreiterrolle. Die Plug-in-Hybride können mittlerweile alle und somit gibt es hier keine besonders guten Hersteller. Bei den rein elektrischen Fahrzeugen versuchen sich alle zu beweisen. Aber es ist leider so, dass hier Hersteller aus Fernost klar im Vorteil sind, da diese Fahrzeuge in den Heimatmärkten einen sehr hohen Stellenwert haben. Manche Autobauer – leider auch ein paar europäische – sind relativ spät auf den E-Mobilitäts-Zug aufgesprungen. Da wird es nicht leicht bis unmöglich die Forschung und Erfahrung aufzuholen, da vor allem in der Batterietechnik China die Nase vorne hat.
Wie sehen Sie die Zukunft der Mobilität? Sind E-Autos der Weisheit letzter Schluss? Welche Autos werden Sie in 20 Jahren verkaufen? Das ist eine gute Frage und ich stelle mir selbst regelmäßig die Frage: Möchte ich sinnbildlich an der Pferdekutsche festhalten? Aus meiner heutigen Sicht sind elektrische Fahrzeuge nicht die finale Lösung, da die Herstellung und die Entsorgung ein großes Problem darstellen. Es werden hier an Orten, die wir nicht sehen, hohe Ressourcen verbraucht und die Umwelt entsprechend damit belastet. Ich würde mir persönlich wünschen, dass wir in Zukunft Fahrzeuge fahren, welche ehrlich betrachtet an allen Stationen die Umwelt soweit schonen, dass wir noch länger auf dieser Erde gesund und friedlich leben könnten. Das bedeutet aber auch eine gewisse Technologie-Offenheit und die Möglichkeit für Pluralität. ◼