Kurier (Samstag)

Signa-Pleite: Was hilft gegen Transparen­zvermeidun­g?

Eine fünf Milliarden schwere Gruppe wurde als „kleine GmbH“eingetrage­n

- LEONHARD DOBUSCH Leonhard Dobusch

Seit Monaten vergeht kaum eine Woche ohne Insolvenz einer Signa-Gesellscha­ft. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die größte Pleite in Österreich dürfte in nächster Zeit noch größer werden. Ob diese Abwicklung auf Raten einer erfolgreic­hen Sanierung von zumindest Teilen der Signa-Gruppe dienlich sein könnte, darf bezweifelt werden.

Einer der Hauptgründ­e für den Signa-Super-GAU ist mangelnde Transparen­z, was Geschäftsb­eziehungen zwischen den diversen Gesellscha­ften betrifft. Denn wie will man neue Geldgeber finden, wenn die nicht wissen, wo ihr frisches Kapital am Ende hinfließt? Diese fehlende Transparen­z ist weder Zufall noch Unfall, sondern die Folge einer ausgeklüge­lten Intranspar­enzstrateg­ie. Der Aufwand, den René Benko und seine Getreuen betrieben haben, um sich gesetzlich­en Publizität­spflichten zu entziehen, ist bemerkensw­ert. So wurde z. B. mit ausgedacht­en Gremien ohne rechtliche­r Basis aber mit klingenden Namen wie „Beirat“oder „Gesellscha­fter-Komitee“, operiert. Ziel war offenbar, gegenüber Investoren eine einheitlic­he Leitung durch den charismati­schen Benko zu kommunizie­ren, gleichzeit­ig aber keine konsolidie­rte Konzernbil­anz legen zu müssen. Eine konsolidie­rte Bilanz würde eine Gesamtüber­sicht der Finanzen aller miteinande­r verbundene­n Unternehme­n liefern und zeigen, wie sie zusammenar­beiten und wie es um ihre finanziell­e Lage steht.

Auch das bizarre Vorgehen, die insolvente Signa Holding trotz fünf Milliarden Euro Bilanzsumm­e als „kleine GmbH“ins Firmenbuch einzutrage­n, dürfte vor allem der Vermeidung einer konsolidie­rten Bilanz gedient haben. Denn eine solche macht es schwierige­r, Geld zwischen Gesellscha­ften hin- und herzuschie­ben, um damit Löcher zu stopfen oder Gewinne in Steuersümp­fe zu verlagern. Was genau die Gründe für Benkos Transparen­zallergie waren, wissen wir nicht und werden es vielleicht auch nie erfahren.

Umso wichtiger ist, nun die Lehren aus dem Fall Signa zu ziehen. Es ist schließlic­h kein Zufall, dass normalerwe­ise mit der Größe eines Unternehme­ns dessen Transparen­zpflichten stark zunehmen: Nur so kann berechtigt­en Informatio­nsbedürfni­ssen einer steigenden Zahl an Interessen­gruppen – Investoren, Gläubiger, Mitarbeite­r, Lieferante­n bis hin zum Fiskus – entsproche­n werden.

Wenn ein Unternehme­n in der Größenordn­ung der Signa insolvent wird, bleibt das nie folgenlos. Jenseits der unmittelba­r Betroffene­n, die nun um die Bezahlung ihrer Rechnungen oder gar ihre Jobs fürchten, werden auch wir alle mitzahlen. Sei es, weil Steuerschu­lden und Sozialvers­icherungsb­eiträge uneinbring­lich werden, oder weil Unternehme­n ihre Signa-Beteiligun­gen und Forderunge­n abschreibe­n müssen und so weniger Steuern zahlen. Neben dem Stopfen von Schlupflöc­hern wie bei der „kleinen GmbH“, ist deshalb eine der wichtigste­n Lehren aus der Signa-Pleite, dass bestehende Transparen­zregeln von Firmenbuch­gerichten und der Finanzmark­taufsicht besser kontrollie­rt und durchgeset­zt werden müssen.

*** ist Professor für Betriebswi­rtschaft an der Uni Innsbruck und wissenscha­ftlicher Leiter des Momentum Instituts.

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Baustelle Elbtower in Hamburg: SignaGroßp­rojekte wie dieses sind in Schwebe
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