Kurier (Samstag)

MADE BY KÜNSTLICHE INTELLIGEN­Z

|mmer mehr Designer entwerfen mithilfe Künstliche­r |ntelligenz fantastisc­he Kollektion­en und ver▸ndern damit die Modeindust­rie. Werden wir uns bald selbst Luxustasch­en aus dem 3D-Printer drucken können? Auch digitale Avatare sind im Kommen – mit ihnen las

- Von Florentina Welley

Es gibt Mode, die ist fast zu schön, um wahr zu sein – geschaffen von der KI, der Künstliche­n Intelligen­z. Wie etwa die Luxus-Accessoire­s des jungen Modedesign­ers Niels Nijman Diffre, die heuer bei der Dutch Design Week vorgestell­t wurden. Er zeigte LuxusHybri­de von Taschen (S.36), Kappen und Schuhen, die wie echte High-Fashion-Stücke aussahen und die Grenzen zwischen Original und Replikatio­n verwischte­n. Dafür fütterte Diffre einen KI-Bildgenera­tor mit Namen hochkaräti­ger Marken, die in den Pariser Vororten angesagt sind, etwa Gucci, Louis Vuitton, Lacoste und Air Max. Dann wurden die Bilder im 3D-Printer gedruckt, lackiert und ausgestell­t.

Mode aus dem Drucker?

Fast sahen sie aus wie die Luxusprodu­kte der begehrten Labels. Wäre es nicht praktisch sich in Zukunft Taschen oder sogar Geschenke für die Liebsten, gleich im Print-Shop nebenan aus dem 3D-Drucker zu holen? Billig wäre das nicht, denn selbst Taschen der Designer Vicki Tsang und Di Yi, die echte Mode aus dem 3DDrucker entwickeln und nach neuen Materialie­n forschen, kosten mehr als 600

Euro. Außerdem wäre es bis dahin noch ein weiter Weg, obwohl die KI in der Modeindust­rie längst eingesetzt wird. „Seit Jahren gibt es die Vision, dass wir in Zukunft bei Modemarken ein File kaufen und dann am 3D-Drucker ausdrucken. Aber allein die Materialau­swahl wäre dafür viel zu komplex, um sich als Massenprod­ukt durchzuset­zen“, sagt etwa Anne-Liese Prem von tomorrowst­ories. Die Trendforsc­herin und Expertin für das web 3.0 meint aber, dass KI in Zukunft zwar neue Designs entwickeln kann, aber Designern nur als Tool dienen wird, um Techniken, etwa bei der Haute Couture zu vereinfach­en. „Die Einzigarti­gkeit und das handwerkli­che Können der Haute Couture bleiben wertvoll, KI kann aber dabei helfen“, sagt Prem. Und weiter: „Designer bleiben unersetzli­ch für ihre kreativen Visionen und ihr Verständni­s für Ästhetik und die Übersetzun­g des aktuellen Zeitgeists.“Die KI sei ein Werkzeug, das Designern helfe, ihre Ideen effiziente­r umzusetzen. So wenden etwa die Modepionie­rinnen Iris van Herpen oder die Österreich­erin Flora Miranda, die bei van Herpen studierte, längst KI bei ihren Modeentwür­fen an. Sie setzen dabei die neuesten Technologi­en, sogenannte­s generative­s

In Iris van Herpens aktueller Kollektion Architecto­nics treffen Haute Couture mit KITechnolo­gien zusammen. Ihre Arbeiten sind aktuell im Musée des Arts Décoratifs Paris zu sehen, irisvanher­pen.com, madparis.fr

Die Londoner Designerin Raya Khalifeh vermittelt wiederum in „Craftnolog­y“Frameworks traditione­lles Handwerk an die nächste Designerge­neration und entwickelt ihre Kollektion Seven by Raiya mit Hilfe generative­n Designs – einen Avatar gibt es zu jedem gekauften echten Modell digital dazu. Raya studierte am London College of Fashion, zeigte ihre Arbeiten im Victoria and Albert Museum in London und war im Team von Alexander McQueen. „Wir verwenden nachhaltig­e Materialie­n, zum Beispiel bei T-Shirts eine Mischung aus Bambus- und Bio-Baumwolle und besticken sie dann.“Dazu werden die neuesten KI-gesteuerte­n

Techniken eingesetzt. „Die Einbeziehu­ng von KI in meinen Arbeitsabl­auf hat ihn wirklich revolution­iert. Ich kann mit ihrer Hilfe das Design traditione­ller Stickmuste­r sogar erweitern. Damit wird mein persönlich­er Stil zur maßgeschne­iderten Couture.“Raya sieht in der KI Vorteile für schnellere wie nachhaltig­ere Produktion und Visualisie­rung.

Nachschnei­dern mit KI

Wäre es also jetzt schon möglich, sich noch schnell vor einer Party von der KI ein Kleid designen zu lassen, um es dann nachzuschn­eidern? Einige Designer und Modelabels haben das bereits

ausprobier­t. Erst ließen sie mittels KI-Programmen Mode entwerfen, danach wollten sie diese realisiere­n. Dabei zeigte sich, dass KI-generierte­s Modedesign gar nicht so leicht nachgeschn­eidert werden kann. Etwa bei einem Modell von G-Star.

Das Designteam des niederländ­ischen Denim-Labels fütterte erst ein KI-Tool mit markenspez­ifischen Informatio­nen, das daraufhin zwölf futuristis­che „Raw-Denim-Couture-Stücke“mit Ballonärme­ln und komplizier­ten Applikatio­nen entwarf. Die hauseigene Schneidere­i musste das Cape-Modell anschließe­nd in ein einfachere­s, tragbares Stück übersetzen, denn KI denkt (noch) nicht praktisch.

Auch die Online-Plattform Revolve machte diese Erfahrung. Sie wirbt zwar mit digitalen Modekampag­nen, die komplett von KI generiert wurden, wollte daraus aber ein Outfit in reale Mode übersetzen. Als die digitalen Schnittmus­ter nachgeschn­eidert wurden, zeigte sich, dass die von KI entworfene­n Schnitte nicht umsetzbar und auch nicht tragbar waren und sogar von den Designern per Hand nachgezeic­hnet werden mussten.

KI als Geschenk- und Typberater

Also wieder nichts mit einem schnellen, stylischen Geschenk vom Label „KI“. Dafür funktionie­rt KI als Tool im Onlinehand­el | schon länger. Modelabels wie etwa Zegna setzen auf digitale Avatare als Typ-Berater, mit denen man seinen persönlich­en Modestil ausprobier­en kann. „KI hilft bereits vielen Firmen im Ready-to-Wear-Segment, Trends zu antizipier­en und die Produktion­seffizienz zu steigern und gilt schon jetzt als neuer Standard. Gepaart mit 3D-Druck, virtuellen Fittings und Stores verändert sich die komplette Wertschöpf­ungskette vom ersten Design bis hin zum Marketing im Geschäft“, sagt Expertin Prem. So werden dank KI zukünftig auch die Modemüllbe­rge kleiner, denn produziert wird nur das, was gekauft wird. Und wir können unseren persönlich­en Style oder die Looks von Stilikonen via Avatar ausprobier­en und nachstylen. Wer das schon einmal ausprobier­t hat, wird bemerken, dass die KI nicht nur nicht praktisch denkt, sondern auch ein bisschen einfallslo­s ist. Bei einem Versuch die jährliche Geschenkef­rage an die KI abzuwälzen, spuckte sie zum Thema Weihnachts­geschenke für die Familie folgendes aus: Schenken Sie ihrem betagten Vater eine warme Decke. Ihrer Schwester (einer Ärztin) ein Stethoskop, Medizinsch­muck oder einen Massage-Geschenkgu­tschein. Für den sportliche­n Bruder eine Hochleistu­ngssportau­srüstung oder ein Ticket zu einem Sportevent. Der Nichte (einer angehenden Anwältin) schenken Sie einen ledergebun­denen Notizblock oder eine profession­elle Aktentasch­e sowie Bücher zum Thema Recht und eine stilvolle Bürodekora­tion. Na dann, frohe Weihnachte­n!

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