Kurier (Samstag)

„ICH HABE MICH MIT MIR VERSÖHNT“

Stillstand sei Aufgeben, sagt Iris Berben und danach lebt sie auch: Als Schauspiel­erin gl▸nzt sie nach wie vor mit großer Spielfreud­e. Als Mensch blickt sie gesellscha­ftlich unverdross­en nach vorne. |m |nterview spricht sie über die Unterschie­de zwischen

- Von Alexander Kern

Fünf Menschen, ein Auto – und alle dicht aneinander gedrängt in einem Taxi von München nach Hamburg: In der Komödie „791 km“muss eine bunt zusammenge­würfelte Schicksals­gemeinscha­ft erst lernen, miteinande­r klarzukomm­en. Alter, Lebensgesc­hichte, Ansichten – alles könnte unterschie­dlicher nicht sein. Mittendrin: Iris Berben als Alt-68erin, die an Demenz leidet. Sie ist eine Ausnahmeer­scheinung. Junge Rebellin und ewige Schönheit, Komödianti­n und Charakterd­arstelleri­n, dazu politische Aktivistin: Iris Berben ist einer der großen Stars im deutschspr­achigen Film (aktuell glänzt sie auch als HolocaustÜ­berlebende in der hochgelobt­en Miniserie „Deutsches Haus“). Ein Interview über Cancel Culture, Frauen von heute und ihre Gedanken an den Tod.

freizeit: Frau Berben, man erlebt im Taxi mitunter die verrücktes­ten Dinge, wie man in Ihrem Film sehen kann. Geht es Ihnen da ähnlich?

IRIS BERBEN: Ich habe keine skurrilen Erlebnisse in Taxis gemacht. Nur eine Fahrt ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil es die längste war: Ich musste einst in Rom zwischenla­nden, weil das

Flugzeug von einem Blitz getroffen wurde. Weiter nach Neapel ging es per Taxi.

Es heißt, man lernt eine Stadt erst so richtig durch seine Taxifahrer kennen ...

Und Wien ist gesegnet mit seinen Taxifahrer­n. Ich habe festgestel­lt, die Fahrer sind über die gesamte kulturelle Palette informiert: Sie wissen, was in Theater, Kino und Oper gespielt wird und sind selbst daran interessie­rt. Das kenne ich von Berlin nicht, auch nicht von München. Und auch der Ton, der dort angeschlag­en wird, ist härter.

Im Film treffen Menschen mit völlig unterschie­dlichen Einstellun­gen zum Leben aufeinande­r. Sind Sie selbst jemand mit Lust auf Meinungsau­stausch, oder haben Sie lieber Ihre Ruhe?

Ich denke, jeder hat die Berechtigu­ng, sein Leben so zu gestalten, wie er möchte. In einem Restaurant allerdings, wenn meine Sitznachba­rn mich absolut nicht interessie­ren und ich das Gefühl habe, ich verschwend­e meine Lebenszeit, könnte es sein, dass ich das Restaurant verlasse. Wenn eine Situation jedoch kein Entkommen zulässt, ist der beste Weg die Kommunikat­ion. Dann passiert hoffentlic­h dasselbe wie im Film: Vorurteile lösen sich in Luft auf, eben weil man miteinande­r

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