Der Mann hinter dem Eiffelturm
100. Todestag. Der französische Ingenieur Gustave Eiffel hat nicht nur das Wahrzeichen von Paris hinterlassen, sondern weltweit einen ganzen Dschungel aus Metall, darunter die Freiheitsstatue
Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Gustave Eiffel nicht der Meinung gewesen wäre, dass „ein deutsch klingender Name Zweifel an meiner französischen Nationalität erweckt“und ihm Nachteile bringe. Dann würde das Pariser Wahrzeichen heute womöglich Bönickhausen-Turm heißen. So aber bestand „Gustave Bönickhausen, genannt Eiffel“(sostehtesinseinerGeburtsurkunde) auf der gerichtlichen Namensverkürzung. „Eiffel“wie „Bönickhausen“hatte der kleine Gustave einem rheinischen Vorfahren zu verdanken, der nach Frankreich emigrierte und sich dort nach seiner Heimat benannt hatte – der Eifel, geschrieben mit zwei F.
Als Gustave am 15. Dezember 1832 in Dijon zur Welt kommt, steht die Welt vor großen Umbrüchen: Revolutionen, Reformen, technischer Fortschritt werden Europa massiv verändern. Eiffels Mutter weiß die industrielle Revolution zu nutzen, zieht einen Holzhandel auf, sattelt auf Kohle um und häuft Geld an. Gustave besucht in Paris die „Ecole Centrale“, eine industriell ausgerichtete Ingenieur-Hochschule, studiert zunächst Chemie und später Metallbau. Genau zur rechten Zeit. Es ist der Beginn der Eisenbahn-Ära. Überall werden Trassen gebaut, Gleise, Lokomotiven, Brücken, Gebäude mit großen Dachstrukturen. „Wenn wir über die Transformation der Städte in der Mitte des 19. Jahrhunderts reden, dann ist die Eisenbahn ein ganz wesentlicher Einschnitt“, sagt der Kulturwissenschafter
Jens Wietschorke. „Die Eisenbahn kommt innerhalb von zwei, drei Jahrzehnten flächendeckend in die großen Städte. Man braucht Streckennetze und Brücken – eines greift ins andere. Da gibt es unglaubliche Innovationskraft und Eiffel nimmt diesen Schwung mit in die Idee eines Turms für die Weltausstellung 1889“.
Der Aufstieg
Vorerst aber steht der Student noch am Anfang: „Er hat sich als einer der Ersten in Frankreich mit dem Stahlskelettbau beschäftigt. Das zu konstruieren, hat Eiffel gelernt“, sagt Wietschorke. Er übernimmt kleinere Baustellen, bewährt sich. 1858, mit 26, darf er mit der Eisenbahnbrücke über die Garonne die spektakulärste Baustelle im Land leiten. Eiffel bekommt
FRANKREICH, Paris:
Weltausstellung: Entwurf einer Fußgängerbrücke Grand vestibule d’Iéna Folgeaufträge, verdient ordentlich.BaldisterüberFrankreich hinaus bekannt – zuverlässig, innovativ und ein gewiefter Geschäftsmann. Seine Firma hat 300 Mitarbeiter und er geht weltweit auf Akquise, baut in Asien, Afrika und Südamerika, vor allem Brücken, aber auch Kathedralen und Bahnhöfe (siehe Grafik unten).
Als Frankreich den USA 1880 ein Monument schenken will, liefert einer von Eiffels Ingenieuren das ausgeklügelte Trägersystem, das die Freiheitsstatue in Form hält. Fünf Jahre später kommen die Organisatoren der Pariser Weltausstellung von 1889 auf ihn zu: Er solle das höchste Bauwerk aller Zeiten – einen 300-MeterTurm – errichten. Damals tobt ein Wettstreit darum, wem genau das gelingt. Kulturwissenschafter Wietschorke: „Gebäude aus Stahl und Glas sollten zeigen: So sieht die moderne Zeit aus! Und Paris steht damals für Modernisierung schlechthin“.
Bald heißt es in der Presse über den Eiffelturm, er sei ein Wahnsinn,abereingroßartigerundstolzer Wahnsinn. Eiffel ist auf dem Höhepunkt. Einige Monate vor der Eröffnung des Turms unterschreibt er den teuersten Vertrag seiner Karriere: zehn Schleusen für den Panamakanal. Das Mammutprojekt soll den Atlantik mit dem Pazifik verbinden. Doch die Kanalbau-Firma lügt und betrügt. Eiffel geht im Korruptionsskandal mit unter. Die Öffentlichkeit will Köpfe rollen sehen. Trotz eines Freispruchs ist Eiffels Ruf ruiniert. Mehrere Städte tauften nach ihm benannte Straßen um. Sein berühmtestes Werk aber heißt noch immer nach ihm – Eiffelturm .
Gustave Eiffel hat sich nicht nur in Paris verewigt, sondern auf allen fünf Kontinenten Brücken, Viadukte, Kathedralen, Bahnhöfe gebaut – und an der Freiheitsstatue mitgewirkt. 700 Bauwerke aus seiner Werkstatt verteilen sich über 30 Länder. Ein Auszug:
Le Bon Marché
MACHBARKEITSSTUDIE LÜCKENSCHLUSS HANDELSKAI–PRATERKAI