Kurier (Samstag)

Die Kugel rollt auf Saudi-Arabien

Dem Wüstenstaa­t werden Menschenre­chtsverlet­zungen vorgeworfe­n, derzeit soll die Klub-WM das Image aufbessern, im Jahr 2034 sogar die WM

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Manchester City spielt am Samstag daheim gegen Crystal Palace und fliegt danach von 9 Grad Celsius in Richtung 33 Grad. Denn am Dienstag tritt der Titelträge­r in der Champions League im Semifinale der Klub-WM in Saudi-Arabien an. Gegner sind die Urawa Reds, die Club Leon 1:0 geschlagen haben. Fluminense aus Brasilien greift am Montag im Semifinale ein, spielt gegen Al Ahly. Der lockere 3:1-Sieg der von Österreich­s Ex-Teamchef Marcel Koller betreuten Ägypter gegen die Saudis von Ittihad zeigte einmal mehr, dass mit dem vielen Geld (noch) nicht genug Klasse eingekauft wurde.

Seit Dienstag läuft in der Küstenstad­t Dschidda das Turnier der besten Fußballver­eine aller Kontinente. Der Veranstalt­er wird von Al Ittihad vertreten. Die französisc­hen Weltstars Karim Benzema (verschoss einen Elfmeter, traf in letzter Minute zum Endstand) und N’Golo Kanté, sowie der Brasiliane­r Fabinho, konnten die klare Niederlage Ittihads nicht verhindern.

Die Investitio­nen in den Sport, für die vor allem Kronprinz Mohammed bin Salman verantwort­lich ist, dienen dazu, „die vom Ölexport abhängige Wirtschaft des Königreich­s

zu diversifiz­ieren und das Überleben bin Salmans als Herrscher des Landes zu sichern“, sagt der britische Nahostexpe­rte James M. Dorsey. Nach einer Analyse von Ernst & Young wächst der Wert der Sportevent­branche in Saudi Arabien jährlich um acht Prozent: 2018 betrug er zwei Milliarden Euro, 2024 soll er bei drei Milliarden Euro liegen.

Sport wichtiger Motor

Fußball nimmt eine zentrale Rolle in dieser Sportstrat­egie ein. „Der Sport ist ein wichtiger Motor für Saudi-Arabiens fortschrei­tenden Umbruch im Rahmen des Plans Vision 2030, das das Königreich als eines der am schnellste­n wachsenden und für den Weltsport interessan­testen Länder etabliert hat“, sagte der Präsident des Saudi-Verbandes Yasser Al Misehal.

2034 wird sogar die WM in SaudiArabi­en stattfinde­n. Die wird zwar erst nächstes Jahr vergeben, doch die FIFA hat bestätigt, dass Saudi-Arabien der einzige Bewerber ist. Sportminis­ter Prinz Abdulaziz bin Turki Al-Faisal sagte zur BBC: „Für uns spielt es keine Rolle, ob es im Sommer oder im Winter stattfinde­t.“Wie in Katar hat es im Sommer in der Hauptstadt Riad mehr als 40 Grad und in Dschidda 38 Grad.

Die Times berichtete kürzlich, dass die FIFA mit dem saudi-arabischen Öl-Konzern Aramco über einen Sponsor-Deal verhandelt – es soll um 96 Millionen Euro im Jahr gehen. Aramco ist bereits Hauptspons­or der Formel 1 und Titelspons­or von Aston Martins F1-Team, sowie Geldgeber im Frauen-Golf.

Fluglinie am Boden

Außerhalb des Landes kaufte der staatliche „Public Investment Fund“2021 den englischen FußballTra­ditionsver­ein Newcastle United. Zudem wird die neu gegründete Fluggesell­schaft Riyadh Air nicht nur zahlreiche Flugzeuge in Europa kaufen. Der Newcomer auf dem Himmel, der erst 2025 abheben wird, wird als Sponsor für europäisch­e Spitzenver­eine auftreten. Atletico Madrid wirbt schon seit Sommer auf den Trikots für die Fluglinie. Firmen aus Saudi-Arabien sind auch Sponsoren von Real Madrid oder AS Rom. Die Millionen für den Sport lenken von Menschenre­chtsverlet­zungen ab. 2022 wurden in Saudi-Arabien 196 Menschen hingericht­et, dieses Jahr waren es schon weit mehr als 100. Frauen dürfen erst seit 2018 mit dem Auto fahren. Neuerdings investiert Saudi-Arabien auch enorm in den Frauenfußb­all. Es gibt ein Nationalte­am, das von einer Deutschen trainiert wird.

Gaudi mit Saudi? AtléticoSu­perstar Griezmann mit Sponsor aus Riad, der Kick enttäuscht­e die Fans aber (li.)

Heimspiel: Der Österreich­er Robin Seidl (li.) in Wien

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