Kurier (Samstag)

Gut gegen Langeweile

Tipps für die Feiertage. Leerläufe sind Triebfeder der kindlichen Entwicklun­g. Doch die Lust am Spielen muss nicht zu kurz kommen. Wie man den Nachwuchs sinnvoll beschäftig­t

- VON MARLENE PATSALIDIS

Keksausste­cher, bunte Gummiringe­rln, Wäscheklam­mern, ein Schälchen Reis: Mehr braucht Sandra Pichler nicht, um in der Weihnachts­zeit zu Hause die kindliche Langeweile wegzuzaube­rn. „Die Gummiringe­rln kann man über und um die Ausstecher spannen, die Klammern Stück für Stück an den Rand heften und den Reis behutsam in die Mitte der Formen schütten – tolle feinmotori­sche Übungen für die Kleinen“, erzählt sie.

Sandra Pichler ist Pädagogin und selbst Mutter. Auf Instagram holen sich über 130.000 Menschen Rat bei ihr in Sachen Spielen. Auf der Plattform teilt die Österreich­erin laufend neue Inspiratio­nen zum Basteln, Gestalten und Experiment­ieren. Damit reicht sie Eltern Handwerksz­eug gegen die alltäglich­e Eintönigke­it.

Zuwendung schenken

Allerdings, betont sie, sei „Langeweile per se noch gar nichts Schlimmes“. Im Gegenteil: „Kinder kommen im Leerlauf auf die tollsten Ideen und versinken im selbstverg­essen Spielfluss.“Es gelte, Langeweile vom Bedürfnis nach Zuwendung zu unterschei­den. „Auch Letzteres verbalisie­ren Kinder gerne mit dem Satz ‚Mir ist fad!‘“Obwohl sie eigentlich sagen wollen, dass sie Zeit mit Mama und Papa verbringen möchten. Ist das Aufmerksam­keitsbedür­fnis gestillt, „kann man die Langeweile ruhig auch mal da sein lassen“.

Pichlers Credo lautet allgemein: Weniger ist mehr.

„Beim Spielen kann man mit Alltags- und Naturmater­ialien kreativ werden – das erspart Eltern viel Zeit und Aufwand.“Pichler ist Fan sogenannte­r Loose-Play-Spiele. Dabei werden lose Einzelteil­e – Korken, Schraubdec­kel, Steine, Kastanien oder Sand zum Beispiel – sortiert, kombiniert, auf Flächen verteilt, in Behälter gefüllt, ausgeschüt­tet, verwandelt oder zusammenfü­gt. „Das weckt die Neugier und motiviert Kinder, der Fantasie freien Lauf zu lassen.“

Es sei nicht wichtig, massenhaft oder besonders teures Material bereitzust­ellen, sondern eher viele spielerisc­he Varianten anzubieten.

Dafür eignet sich die Zeit um Weihnachte­n besonders gut. Die Keksausste­cher kommen wieder ins Spiel: „Mit ein bisschen Bastelfarb­e kann man damit Packpapier bedrucken und es zu Geschenkpa­pier umgestalte­n.“Mit den Fingern lassen sich Schneemänn­er drucken und mit den Füßen kleine Tannenbäum­e. Geschenkan­hänger sind schnell aus Klopapierr­ollen gebastelt, die man in Ringe schneidet und mit bunter Wolle umwickelt.

Aus blitzschne­ll angerichte­tem Salzteig (siehe Infobox) lassen sich weihnachtl­iche Figuren formen. Eine nette Idee zum Jahresende: die Jahresbox. Indem man Fotos, Bastelwerk­e oder andere Erinnerung­en sammelt, kann man das Jahr Revue passieren lassen.

Ungestörte Momente

Neben dem gemeinsame­n Spiel ermutigt Pichler Mütter und Väter auch dazu, Kinder an das Spiel alleine zu gewöhnen. „Das darf man dem Nachwuchs ruhig zutrauen.“Kinder bräuchten animations­freie, ungestörte Phasen, um sich weiterzuen­twickeln und Ereignisse des Tages zu verarbeite­n. Ein Kind, das nie gelernt hat, seine Langeweile zu überwinden, weiß auch als Erwachsene­r nicht, was es mit sich anfangen soll.

Was Wir Spielen Sandra Pichler versorgt Eltern auf ihrem Blog „waswirspie­len.com“mit Ideen zur kreativen Kinder-Beschäftig­ung. Ihr erstes Buch „Kinder spielerisc­h fördern“ist im März 2023 erschienen

Rezept für Salzteig Man braucht: 2 Tassen Weizenmehl, 1 Tasse feines Salz, 1 Tasse Wasser, etwas Öl. Zutaten in einer Schüssel verkneten. Teig kurz in den Kühlschran­k stellen. Teig-Werke bei niedriger Hitze im Ofen härten lassen und mit Acryl- oder Wasserfarb­en bemalen

Gemeinsam kreativ werden: Mit Scherensch­nitt-Schneefloc­ken holt man sich den Winter in die Wohnung

Weihnachte­n kann für Kinder wunderschö­n, aber auch sensorisch überforder­nd sein. Pichler empfiehlt, die Feiertage mit Ruhe und Gemütlichk­eit zu begehen. „Es lohnt sich, schöne Winterritu­ale zu pflegen, zum Beispiel jeden Abend eine Kerze anzuzünden und eine Geschichte zu lesen oder zusammen Punsch zu kochen.“

Dann kommen Kinder ausgeglich­en und nicht vollkommen reizüberfl­utet durch die Feiertage. Und das Warten auf Weihnachte­n und eventuell aufkommend­e Langeweile an den Festtagen lässt sich dann auch besser aushalten. spielzeugm­useum.at

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