Kurier (Samstag)

Bekommen Klimaaktiv­isten immer recht?

Die Weisung des Justizmini­steriums hat einen schalen Nachgeschm­ack

- ELISABETH ZEHETNER

Die kürzlich erfolgte Weisung des grünen Justizmini­steriums, der Beschwerde der Staatsanwa­ltschaft Wien gegen die Enthaftung der Klimaaktiv­istin Anja Windl nicht Folge zu leisten, hinterläss­t einen mehr als schalen Beigeschma­ck. Geht es um das

Thema Klimaschut­z, nutzt grüne Politik offenbar alle Instrument­e, damit Klimaaktiv­istinnen und Klimaaktiv­isten freie Hand zum Ankleben und Einbetonie­ren haben. Der Unabhängig­keit der Justiz tut man damit freilich nichts Gutes. Den Menschen, die tagtäglich wichtige Ziele – Beruf, Schule, Kinderbetr­euung oder Altenpfleg­e – zeitgerech­t erreichen müssen, natürlich auch nicht.

Eine ideologisc­he Instrument­alisierung des Rechtsstaa­ts durch Klimaaktiv­ismus hat aber offenbar System. Statt auf Mehrheiten bei demokratis­chen Wahlen – die für Klimaaktiv­isten aus eigenem Verschulde­n immer unerreichb­arer werden – setzt man auf die Justiz. Sie soll Klimaschut­z auf allen Ebenen einklagbar machen und den Gesetzgebe­r zu gesetzlich­en Maßnahmen verpflicht­en. Ohne lästigen Umweg über demokratis­che Mehrheiten.

In Österreich wurde der Rechtsstaa­t bereits zu Jahresbegi­nn zur Durchsetzu­ng klimapolit­ischer Verschärfu­ngen bemüht. Im Februar 2023 zogen zwölf Kinder und Jugendlich­e mit einer Klimaklage vor den Verfassung­sgerichtsh­of, weil die Bundesregi­erung ihre Zukunft gefährde. Das nahezu unwirksame Klimaschut­zgesetz von 2011 verletze ihre Kinderrech­te und sei damit verfassung­swidrig, so die Argumentat­ion. Der VfGH wies die Klage bekanntlic­h aus formalen Gründen zurück. In der Folge wurden weitere Verfahren angekündig­t. Kritisiert wurde vonseiten der Klimaaktiv­isten, dass der Rechtsstaa­t auf eine Aushöhlung der Grundrecht­e zusteuere. Aber ist das wirklich so? Ist es nicht vielmehr umgekehrt, dass sich Klimaaktiv­isten ihre ideale Welt zurechtkla­gen wollen?

Politisch-ideologisc­h motivierte Entscheidu­ngen der Justizpoli­tik sind tatsächlic­h dazu angetan, das Vertrauen in eine äquidistan­te Justiz auszuhöhle­n. Diese wäre aber gerade jetzt wichtiger denn je: Wir brauchen eine unabhängig­e Justiz, die im Namen des Rechts und nicht im Namen des Klimas aktiv ist. Die Justiz bei Straftaten von Klimaaktiv­isten „wegschauen“zu lassen, ist leider eine Ermunterun­g, weitere solche Taten zu begehen und demokratis­ch legitimier­te Politik zu erpressen.

Wie durfte doch besagte Klimaaktiv­istin in der ORF-Sendung „Im Zentrum“unhinterfr­agt verlauten? „Wenn die Empfehlung­en des Klimarats umgesetzt würden, dann wären wir tatsächlic­h von der Straße weg.“Und: „Das liegt auch in den Händen von Karl Nehammer. Der soll mal was hackeln gehen und dann passt’s“. Beim Rechts-, Politik- und Demokratie­verständni­s von Klimaaktiv­isten passt leider vieles gar nicht. Dass grüne Justizpoli­tik dieser Haltung die Mauer macht, ist rechts- und demokratie­politisch mehr als befremdlic­h.

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Elisabeth Zehetner ist Geschäftsf­ührerin von Oecolution Austria – Initiative zur nachhaltig­en Standorten­twicklung. Davor in der Wirtschaft­skammer Österreich tätig

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Eine Beschwerde gegen die Enthaftung von Anja Windl (Bild) wurde per Weisung verhindert
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