VfGH zu Kickls Asylagentur: Unabhängigkeit muss ins Gesetz
Höchstgericht. Türkis-blaues Prestigeprojekt ist teils verfassungswidrig
Der Verfassungsgerichtshof hat die von Türkis-Blau eingerichtete Bundesbetreuungsagentur (BBU) teilweise für verfassungswidrig erklärt. Die Unabhängigkeit der Rechtsberatung von Asylwerbern sei nicht hinreichend abgesichert, so das Ergebnis eines Gesetzesprüfungsverfahrens.
Die BBU war ein Lieblingsprojekt von Herbert Kickl als FPÖ-Innenminister. NGOs, die damals für die Rechtsberatung zuständig waren, würden Asylwerbern falsche Hoffnungen machen und sie dazu verleiten, nach einem abgelehnten Antrag in die zweite Instanz zu gehen, sagte er. „Ich will selbst kontrollieren.“
Dazu kam es nicht mehr. Als das Gesetz im Parlament beschlossen wurde (Mai 2019), war die türkisblaue Koalition infolge der Ibiza-Affäre schon beendet. Unter TürkisGrün wurde dann ein Rahmenvertrag geschaffen: Das ursprüngliche Konzept Kickls, der die Alleinherrschaft über die Agentur im Innenministerium haben wollte, wurde insofern entschärft, dass das Justizministerium den Abteilungsleiter für die Rechtsberatung stellen konnte. Zudem wurden die Rechtsberater weisungsfrei gestellt.
In Verfassung verankern
Dem VfGH reicht das aber nicht – ein Vertrag kann ja jederzeit geändert werden. Deshalb soll die Unabhängigkeit nun ins Gesetz geschrieben werden, erklärt Lukas Gahleitner-Gertz, Experte von der Asylkoordination. Das VfGH-Erkenntnis bestätige im Wesentlichen die Kritik, die NGOs von Anfang an geäußert haben, sagt er. Wobei er betont: „Die Rechtsberater unter der Führung von Andreas Achrainer sind sorgsam vorgegangen und haben gute Arbeit geleistet. Es geht nur darum, ihre Unabhängigkeit noch besser abzusichern.“
Diesbezüglich appelliert der Asylexperte an die SPÖ: Sie solle mit Türkis-Grün verhandeln, um das Gesetz in abgeänderter Form mit Zweidrittelmehrheit in den Verfassungsrang zu heben. Der VfGH hat die Frist bis 1. Juli 2025 gesetzt. Die Konstruktion der BBU als GmbH wurde nicht bemängelt.
Christoph Riedl, Asylexperte der Diakonie, hält das Naheverhältnis zum Innenministerium immer noch für problematisch: Das BMI stellt den Geschäftsführer und den Vorsitz im Aufsichtsrat. Und beim BMI ist auch die erste Instanz, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, angesiedelt. „Es kann nicht sein, dass das Ministerium, das negative Bescheide ausstellt, auch die Rechtsberatung gegen negative Bescheide organisiert.“Er wartet jetzt, welche Vorschläge kommen.
BBU-Chef Achrainer begrüßt das Erkenntnis. Die Gesetzesänderung will er „schnellstmöglich unter Dach und Fach bringen“und bietet der Politik die vom VfGH anerkannte Expertise seines Hauses an.