Kurier (Samstag)

Der Spengler Cup in Davos feiert 100. Geburtstag. Zum Jubiläum gibt es Wiener Beteiligun­g. Wie das Turnier zu einer der traditions­reichsten Sport-Veranstalt­ungen wurde

- VON PETER KARLIK Von kalter Luft und heißem Öl

WEV gegen Berlin 8:3 – was so klingt wie ein Offensivfe­uerwerk bei einem AugustTest­spiel war vor 100 Jahren der Beginn einer der großartigs­ten und jetzt traditions­reichsten Sportveran­staltungen der Welt – der Spengler Cup. Wiener EV, Berliner SC, Oxford, Cambridge und der HC Davos waren die ersten Teilnehmer des Turniers, das sich damals noch „Internatio­nale Eishockeym­eisterscha­ft von Davos“nannte. Gespielt wurde auf Natureis in einem Freiluftst­adion mit Holztribün­en.

Zum 100-Jahr-Jubiläum wurden Vertreter jener Teams eingeladen, die auch 1923 dabei waren. Vom WEV reist Michael Vorlaufer an, der die Eishockey-Sektion des Nachfolgek­lubs seit Jahren führt. Der Traditions­verein ist aktuell Teil der nationalen dritten Leistungss­tufe ÖEL und trägt einige seiner Spiele wieder auf dem Eislaufver­ein unter freiem Himmel am Heumarkt aus. Für den kleinen Wiener Klub ist die Einladung eine große Ehre, Vorlaufer soll auch nach einem Spiel den Preis für den besten Akteur übergeben.

Ehre wird auch einem weiteren Wiener zuteil. Im Rahmen des Turniers wird der ehemalige WEV-Spieler Herbert Brück in die Hall of Fame des Spengler Cup aufgenomme­n. Der im Jahr 1900 geborene Stürmer gewann mit Österreich WMBronze 1930 und emigrierte wegen des Nationalso­zialismus in die USA, wo er 1974 auf Hawaii verstarb.

Österreich­s Teilnehmer

Der WEV war selbstvers­tändlich nicht der einzige Vertreter aus Österreich. Bisherige Teilnehmer waren auch der Pötzleinsd­orfer SC (1924), der KAC (1935, ’62, ’63), Kitzbühel (’65) und die VEU Feldkirch 1998 nach dem Triumph in der European Hockey League eines der besten Teams des Kontinents.

Der Name des Turniers geht übrigens auf den eishockeyb­egeisterte­n Gründer Carl Spengler zurück, Arzt und Sohn von Alexander Spengler, der Davos als Kurort bekannt gemacht hatte.

Besonders an dem Turnier ist auch die Höhenlage von 1.560 Metern, weshalb der damalige VEU-Coach und spätere Weltmeiste­r- sowie Olympiasie­ger-Trainer Bengt-Åke Gustafsson ankündigte, mit 25 Spielern anzureisen, um möglichst mit vier Blöcken zu spielen.

Erfolgreic­hster Scorer aus Österreich ist Oliver Setzinger, der bei seinen zwei Teilnahmen mit Ingolstadt und Davos drei Tore und drei Assists verbuchte. Ein aktueller Champion ist Dominic Zwerger, der im Vorjahr mit seinem Schweizer Klub Ambri-Piotta das Turnier überrasche­nd gewann.

Rekorde

Im Laufe der Jahrzehnte ist das Turnier mit insgesamt an die 90.000 Zuschauer zu einem wichtigen Faktor im Budget des HC Davos geworden. Das Team Canada, eine Mannschaft aus Europa-Legionären ist mit 16 Siegen Rekordcham­pion.

Gespielt wird heuer von 26. bis 31. Dezember in zwei Dreier-Gruppen. Am 29. beginnen die K.-o.-Spiele. Und spätestens dann geht es zur Sache. Denn der Stellenwer­t ist groß, wie Rick Nash, zweifacher Olympiasie­ger und Teilnehmer 2005, weiß: „Ich denke, dass nur der Stanley Cup und die WM ein höheres Rating haben.“

Allerdings birgt ein Eishockey-Turnier in der Schweiz auch Gefahren: Der US-Amerikaner Danny Richmond, Verteidige­r der Mannheimer Adler, erlitt im Jahr 2015 beim Fondue-Essen schwere Verbrennun­gen, weil eine Kellnerin beim Servieren stolperte und das kochend heiße Öl über den Rücken des Spielers lief.

Was heuer am Menü steht, ist nicht überliefer­t.

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Postkarten­idylle: In den ersten Jahren konnte nur gespielt werden, wenn das Wetter passte
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 ?? ?? Einst & jetzt: Herbert Brück (li.) stürmte bei der Premiere 1923 für den WEV. 2022 feierte Dominic Zwerger (re.) mit Ambri-Piotta den Sieg
Einst & jetzt: Herbert Brück (li.) stürmte bei der Premiere 1923 für den WEV. 2022 feierte Dominic Zwerger (re.) mit Ambri-Piotta den Sieg

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