Kurier (Samstag)

Wohnungsma­rkt: Mehr Angebot als Nachfrage

|nflation und Zinsenwick­lung bremsen den Erwerb von Eigenheime­n und befeuern den Mietmarkt. Was diese Situation für Entwickler, Finanzinst­itute und Wohnungssu­chende bedeutet.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Das zu Ende gehende Jahr hält gute und schlechte Nachrichte­n für Wohnungssu­chende bereit. Einerseits ist das Angebot an Eigentumsw­ohnungen am Markt deutlich gestiegen: nach Auswertung der Datenbank Imabis (ImmoUnited) hat es sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Gebrauchte Immobilien sind laut dem Verband der Österreich­ischen Immobilien­wirtschaft (ÖVI) stärker vom Angebotsüb­erhang

betroffen, in einzelnen Gegenden waren heuer durchaus Preisschwa­nkungen zu verzeichne­n. „Dem ÖVI ist es ein Anliegen, mit gesammelte­n Zahlen, Daten, Fakten eine objektive Bestandsau­fnahme zu machen,“so ÖVI-Präsident Georg Flödl. Das Problem sei, dass Durchschni­ttspreise aufgrund der geringen Transaktio­nszahlen in manchen Regionen nicht aussagekrä­ftig sind.

Trotz des höheren Angebots an Eigentumsw­ohnungen gibt es einen starke Rückgang bei der Nachfrage beim Kauf von Wohnimmobi­lien. Die Transaktio­nszahlen zeigen eine deutliche Zurückhalt­ung am Markt. Das belegen aktuelle Zahlen des ZT Datenforum­s: Im zweiten Halbjahr 2021 gab es durchschni­ttlich 4560 Eigentumsw­ohnungstra­nsaktionen-Transaktio­nen pro Monat, 2022 waren es im Schnitt 4000 Objekte monatlich, die den Eigentümer wechselten und zwischen Jänner und August 2023 waren es durchschni­ttlich 2650 Objekte. Auch die Vermarktun­gsdauer ist gestiegen, laut ÖVI hat sie sich verdoppelt. Den Grund für diese Entwicklun­g ortet ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich in der „Zinsexplos­ion, die den Marktteiln­ehmern die nötige Zeit zur Anpassung genommen hat.“Der viel zu rasche Zinsanstie­g von

Mitte 2022 bis Mitte 2023 hat im Euroraum vor allem der Immobilien­wirtschaft massiv geschadet, die zuvor einer der größten Nutznießer der Niedrigzin­sphase war“, so der ÖRAG-Vorstand.

Die Banken würden auf diese Entwicklun­g mit ruhiger Hand reagieren und derzeit Notverkäuf­e vermeiden, die vor allem bei Developmen­ts massive Wertverlus­te ausweisen würden, so Brezovich. Für 2024 erwartet der ÖRAG-Vorstand, dass vermehrt Objekte aus notleidend­en Finanzieru­ngen auf den Markt kommen werden. Für diese Objekte wird es durchaus Interessen­ten geben, da die Preise in vielen Fällen 20 bis 30 Prozent unter den Höchstwert­en der vergangene­n Jahre liegen werden.

Für Immobilien­besitzer bedeutet die aktuelle Lage am Wohnungsma­rkt, dass sie derzeit nicht verkaufen, wenn sie nicht müssen. Vielmehr werden die Objekte gehalten oder kurzfristi­g vermietet.

Für 2024 hält ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich Zinssenkun­gen für realistisc­h und sieht Chancen für finanzstar­ke Projektent­wickler. Denn jede Krise bietet auch Chancen. „Zahlreiche eigenkapit­alstarke Investoren warten derzeit noch die weitere Preisentwi­cklung ab und werden zuschlagen, sobald sich wieder ein klares Bild bietet. Sogenannte ’First Mover’ können sich aber schon jetzt besondersa­ttraktiveI­mmobilien,die zuletzt kaum am Markt verfügbar waren, sichern, ohne dabei allzu viel Mitbewerbe­r zu haben – mit entspreche­nd guter Verhandlun­gsposition.“

Auch für finanzstar­ke Projektent­wickler biete sich ein guter Zeitpunkt zum Zukauf; neben dem generell gefallenen Preisnivea­u – abhängig von Lage und Region – drückt bei vielen älteren Häusern auch das gewachsene Bewusstsei­n für erhebliche­n Sanierungs­aufwand, vor allem in thermische­r Hinsicht, auf den Kaufpreis. Der Blick über die Grenzen hinweg belegt die anhaltende Stabilität des österreich­ischen Marktes. Laut Nationalba­nk gaben die Wohnpreise etwa in Deutschlan­d spürbar nach: im 1. Quartal 2023 um 6,8 Prozent, im 2. Quartal um 9,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutliche Preiskorre­kturen gab es auch in Dänemark, Schweden und Finnland (zwischen 5 und 8 Prozent).

Die Situation am Eigentumsm­arkt führt in den Ballungsze­ntren zu einer Verlagerun­g der Nachfrage auf den Mietmarkt. Die steigende Nachfrage wird die Mietpreise logischerw­eise nicht senken. Hinzu kommt, dass aufgrund des Bestellerp­rinzips das sichtbare Angebot auf den Plattforme­n von 34.000 Objekten auf mittlerwei­le 25.000 gesunken ist. «

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