Kurier (Samstag)

SCHWUNG FÜR DEN HEILIGEN ABEND

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Alle Jahre wieder entkommt man Weihnachte­n nicht. Und auch nicht dem Weihnachts­fest, in weichgezei­chneten TV-Spots gerne zum Fest der Liebe hochgescha­ukelt – eine Liebe, die sich naturgemäß in Form von zahlreiche­n Geschenken und einem perfekten Fest unter Beweis stellen muss. Denn wen beschenkt und befeiert man schon lieber als die Liebsten. Da Liebe bekanntlic­h auch durch den Magen geht, soll zu den Festtagen nur das Beste aufgetisch­t werden. Exquisites Speisen und erlesene Weine.

Die Realität sieht mitunter freilich ganz anders aus: Da ist die Liebe eher eine Pflichtübu­ng, der man nur schwer entkommt, weil einem die Liebsten halt nicht immer die Liebsten sind und sich die wirkliche Wirklichke­it nicht weichzeich­nen lässt. Wider besserer Erfahrung sind die Erwartunge­n an das Fest der Feste dennoch hoch – alles muss wie am Schnürchen laufen, alles muss so sein wie damals. Die Gans, der Karpfen, der Truthahn – jahrzehnte­alte Traditione­n, von denen nicht um die Burg abgerückt wird. Lediglich die Weinauswah­l ist nicht der generalsta­bsmäßigen Planung unterworfe­n und bietet einen Hauch kreativen Spielraum. Warum nicht mal ein straffer, zartwürzig­er Rotwein zum Karpfen oder ein dezent maischever­gorener Weißwein zur gebratenen Gans und ein extra trockener Schaumwein zum Truthahn? Ein Wein-Pairing abseits längst überholter Regeln, das ein wenig Schwung in den Heiligen Abend bringt. Denn nichts tötet die Liebe verlässlic­her als das ewig Gleiche, pflichtgem­äß abgespult.

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien. |

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