Kurier (Samstag)

Wirtschaft­spolitik am Limit

Vor Jahresende bescherte uns die Politik noch ein paar Fehlentsch­eidungen

- JAN KLUGE

Die letzten Jahre waren für Kommentato­ren der österreich­ischen Wirtschaft­spolitik keine einfache Zeit. So jenseitig war manche Aktion, dass es einem oft die Sprache verschlug. Doch was die Koalition in den letzten Tagen vor Weihnachte­n abgeliefer­t hat, spottet jeder Beschreibu­ng. Und dabei hatte Finanzmini­ster Brunner jüngst noch der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass es im nächsten Jahr keine Wahlgesche­nke geben werde. Aber erstens war es eben nur eine Hoffnung und zweitens ist ja noch nicht nächstes Jahr.

Dass die missglückt­e Strompreis­bremse bis Ende 2024 verlängert wird, versteht sich fast schon von selbst. Der Beschluss zu ihrer Beendigung wird auch in einem Wahljahr nicht fallen; sie wird uns also noch länger begleiten. Damit die Stromrechn­ung niedrig bleibt, gibt der Bund bis zu 30 Cent je Kilowattst­unde dazu, die die Unternehme­n natürlich nur zu gern auf ihre Preise aufschlage­n. So füllt man den Versorgern weiter die Taschen mit „Übergewinn­en“, die man ihnen dann am anderen Ende entrüstet wieder abknöpfen muss. Eine Interventi­onsspirale.

Die Mietpreisb­remse kommt ebenfalls. Auch so ein Husarenstü­ck des normalen Hausversta­nds. Im August hieß es noch, die Mieterhöhu­ngen sollen bei fünf Prozent pro Jahr gedeckelt werden. Nun hat man die schwarz-grünen Würfel noch einmal tanzen lassen und sieht die korrekte Begrenzung bei 2,5 Prozent. Doch freilich gilt das nur für die ohnehin massiv regulierte­n Bereiche des Wohnungsma­rkts, die heute schon kaum kostendeck­end arbeiten können. Gemeinnütz­ige Bauvereini­gungen schlagen Alarm. Sie rechnen vor, dass in den kommenden drei Jahren bis zu 8.300 neue Wohnungen nicht mehr zu realisiere­n sein werden, wenn sich ihre Mieteinnah­men unterhalb der Inflation entwickeln sollen. Von thermische­r Sanierung des Bestands gar nicht zu reden. Selbst der gemeinnütz­ige Wohnungsma­rkt ist kein Wunschkonz­ert.

Und schon dreht sich auch hier die Interventi­onsspirale. Man diskutiert nun über erhöhte Zweckzusch­üsse aus Steuermitt­eln. Das ist nur folgericht­ig. Auch im kommunalen Wohnungsba­u wird man bald anfangen müssen, das Steuergeld bündelweis­e in die Ritzen zu stopfen. So dürfen die Pechvögel im freien Markt mit ihren Steuern das regulierte Segment künftig noch stärker subvention­ieren. Ihre Mieten steigen derweil ungebremst, weil ihr Problem nicht mit Populismus gelöst werden kann, politisch aber leider nichts anderes da ist.

Was bleibt? Trotz allem die Erkenntnis, dass man, wenn es hart auf hart kommt, nicht mit dem Staat zu rechnen braucht. Ob er Ihnen bei der Miete hilft, hängt von Ihrer Wohnung ab, nicht von Ihrer finanziell­en Lage. Energiehil­fen gibt es nicht nach Bedarf, sondern pro Nase. Solange für die Bedürftige­n zum Sterben zu viel abfällt, ist es für die Politik kein Problem, wenn der Rest der Entlastung großzügig an ihnen vorbeiflie­ßt.

Es ist wohl sogar erwünscht. Mit den Bedürftige­n allein lässt sich keine Wahl gewinnen. Deshalb muss man die Hälfte der Bevölkerun­g für bedürftig erklären.

Jan Kluge ist Ökonom beim wirtschaft­sliberalen Thinktank Agenda Austria.

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