Der ruhige Zeitgenosse
Der besonnene Tiroler lässt lieber Taten statt Worte und Emotionen sprechen. Im Super-G in Bormio raste Haaser auf Rang zwei und führte eine starke ÖSV-Mannschaft an
Es gibt da ja dieses beliebte Gesellschaftsspiel, bei dem sich die Leute gegenübersitzen, Grimassen ziehen oder andere halblustige Dinge anstellen und das einzige Ziel ist es, die anderen zum Lachen zu bringen. Bei diesem „Wer lacht, verliert“wäre Raphael Haaser einsame Klasse und wohl nicht zu biegen.
Kaum ein Skifahrer zeigt so wenig Regung und Emotionen wie der 26-jährige Mann vom Achensee, der in allen Lebenslagen den Eindruck erweckt, als würde er in sich ruhen. Seinen sensationellen zweiten Platz im Super-G in Bormio nahm Haaser ähnlich stoisch hin wie den desolaten Auftritt zuletzt im Riesentorlauf in Alta Badia, als er mit knapp sechs Sekunden Rückstand abgeschwungen hatte.
Mann fürs Grobe
Auf der Piste präsentiert sich der Tiroler gänzlich anders. Wenn anderen das Lächeln einfriert, dann beginnt Haaser innerlich zu schmunzeln. Denn je anspruchsvoller und herausfordernder eine Strecke, umso mehr ist der 26Jährige in seinem Element. „Mir kommt es entgegen, wenn es unruhig und eisig ist“, sagte er nach seinem wilden Ritt über die Stelvio, die auch am Freitag wieder etliche Läufer abwarf. Es ist kein Zufall, dass Raphael Haaser seinen ersten – und bis Freitag auch einzigen – Podestplatz 2021 in Bormio eingefahren hatte. „Es gibt andere, die früher richtig gut sind“, erzählt der Polizeisportler. „Bei mir hat es eben ein bisschen länger gedauert.“Die ÖSV-Trainer erwarten schon lange den Durchbruch des Tirolers, der alle technischen Fähigkeiten mitbringt, um in Super-G, Riesentorlauf und Abfahrt zur Weltspitze zu zählen. Ja sogar im Slalom macht dieser Raphael Haaser eine gute Figur, wie die WMBronzemedaille im Februar in der Alpinen Kombination beweist. „Ich habe gesehen, dass ich für die ganze Arbeit, die ich investiert habe, etwas zurückkriege.“
Sensation: Raphael Haaser fuhr zum Mal im Weltcup zweiten auf das Podium
GEPAPICTURES/MARIOBUEHNER-WEINRAUCH
Mehr im Fokus
Warum der Jahrgangskollege des Schweizers Marco Odermatt, der im Super-G in Bormio einmal mehr in einer eigenen Liga unterwegs war, den Erfolgen so lange hinterherfuhr? „Mir hat es immer an Konstanz gefehlt. Ich habe zu viele Nuller geschrieben“, sagt Raphael Haaser.
Nach dem Aus von Marco Schwarz (links) rückt der 26Jährige nun unweigerlich mehr in den Fokus. So viele Läufer gibt’s im österreichischen Herren-Team dann auch nicht, die aufs Podium fahren. „Ich verstecke mich nach wie vor“, gesteht der besonnene Tiroler, „aber natürlich ist es gut, wenn sich andere auch etwas von mir abschauen“.
Und sei es nur, wie man sich am besten innerlich freut und ins Fäustchen lacht.