Kurier (Samstag)

EIN HUT VOLL GLÜCK

- Von Florentina Welley

Wer ihn zu Silvester geschenkt bekommt, startet damit gut ins neue Jahr. Doch der Zylinder, der vor 100 Jahren Freiheit und Gleichheit symbolisie­rte, ist auch auf dem Laufsteg zurück. Warum er derzeit ein modisches Comeback erlebt, Beyoncé ihn auf der Bühne tr▸gt, Timothée Chalamet darin im Film verzaubert und die Hüte heute doppelt so groß sind wie früher.

Mit Hüten schafft man Illusionen“, sagte einer der bekanntest­en Hutmacher der Welt, Philip Treacy, einmal. Besonders dann, wenn es um die Kopfbedeck­ung geht, aus der weiße Kaninchen gezaubert werden und die als Glücksbrin­ger aus Schokolade oder Blei das neue Jahr einläuten.

Dabei soll der erste Zylinder-Träger einst sogar eine Strafe für die Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s kassiert haben: Nämlich als 1797 der Londoner Hutmacher den steifen, hohen Seidenhut mit der schmalen Krempe, erstmals ausführte. Damals wurde er üblicherwe­ise aus grobem Wollfilz und Biberhaar gefertigt und von Aristokrat­en höchstens zum Reiten getragen. Zudem galt so ein Zylinder im Alltag als unelegant. Längst hat diese Art der Kopfbedeck­ung im Reitsport, etwa bei den traditione­llen Pferderenn­en von Ascot, die Seiten gewechselt und sitzt heute in Luxus-Varianten meist auf gekrönten Häuptern, kreiert vom irischen Haute-Couture-Modisten Treacy, der als königliche­r Hutmacher und für seine Zylinder und fantasievo­llen Headpieces bekannt ist. Erst im frühen 19. Jahrhunder­t eroberte der schwarze Zylinder die Garderobe des Bürgertums. Er galt als Symbol für Freiheit und Gleichheit und wurde später Bestandtei­l der Berufstrac­hten von Fiakern und Rauchfangk­ehrern. Von letzteren hat er übrigens den Ruf als Glücksbrin­ger. Früher waren Rauchfangk­ehrer schwer zu bekommen und man war froh, wenn sie die verrußten Kamine putzten um Kaminbränd­e zu verhindern.

Vom Reitsport zum Party-Glam

Ende des 19. Jahrhunder­ts wurde der Zylinder als Reithut wieder beliebt, diesmal bei Damen. So trug Kaiserin Sisi einen Zylinder mit Tuch bei ihren Ausritten, ein Modell, das heute noch etwa die Grazer Hutfabrika­tion Josef Kepka & Söhne fertigt. Glück für

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Beyoncé trug bei der Renaissanc­e World Tour einen Metallzyli­nder des ukrainisch­en Designers Ruslan Baginskiy, ruslanbagi­nskiy.com
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Marlene Dietrich eroberte die Herrengard­erobe in den 1930er-Jahren und verlieh dem Zylinder Glamour

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