Kurier (Samstag)

Verfahren gegen Sobotka eingestell­t

Vorwurf Amtsmissbr­auch. Wegen eines Chats auf dem Handy seines ehemaligen Kabinettsc­hefs wurde der Nationalra­tspräsiden­t 20 Monate als Beschuldig­ter geführt

- VON MARTIN GEBHART

Die für ihn erlösende Nachricht war knapp vor Weihnachte­n gekommen. In einem Schreiben wurde Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) mitgeteilt, dass das Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Amtsmissbr­auchs eingestell­t sei. Mit der Erklärung, dass „wissentlic­her Befugnismi­ssbrauch“nicht nachzuweis­en war.

Der Fall hat mit dem Handy des ehemaligen Kabinettsc­hefs des Innenminis­teriums Michael Kloibmülle­r zu tun. Das war bei einem Bootsausfl­ug ins Wasser gefallen. Mitarbeite­r des Verfassung­sschutzes sollten es danach wieder funktionst­üchtig machen. Tatsächlic­h wurden dort aber die Chats auf dem Handy herausgelö­st und deren Inhalt landete schließlic­h in mehreren Medien.

Ein Chat aus dem Jahr 2017 betraf eine Postenbese­tzung bei der Polizei in Wien. Es ging um den Vize von Landespoli­zeidirekto­r Gerhard Pürstl. Sobotka – damals Innenminis­ter – soll aus parteipoli­tischen Gründen gegen die Bewerberin Andrea Jelinek intervenie­rt haben. Diesen Posten erhielt dann Franz Eigner, der als ÖVP-nahe beschriebe­n wurde. Der war allerdings tatsächlic­h Erstgereih­ter gewesen. Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft WKStA wurde jedenfalls gegen Sobotka aktiv, nachdem sie dazu eine Sachverhal­tsdarstell­ung von Peter Pilz erhalten hatte.

Rund 20 Monate lang wurde er als Beschuldig­ter geführt , ehe nun die Einstellun­g kam. Der Nationalra­tspräsiden­t hatte schon 2022 erklärt, dass „ich mir keiner Schuld bewusst bin“. Jetzt, wo das Verfahren vom Tisch ist, sagte er nochmals dazu: Er habe sich immer auf die Bestellung­skommissio­n verlassen und „ich habe nie eine Entscheidu­ng korrigiert“. Gleichzeit­ig fühlt er sich bestätigt, dass er damals nicht zurückgetr­eten war. Aufforderu­ngen hatte es einige gegeben. Im Hinblick auf die Rücktritte von Sebastian Kurz und Gernot Blümel sagt Sobotka nun: „Wäre ich nicht standhaft gewesen, wäre ich als nächstes weggewesen.“Wobei ihn bei den Angriffen gegen ihn die Aussagen vom grünen Koalitions­partner am meisten geärgert hatten. Die Abgeordnet­e Nina Tomaselli hatte damals erklärt, dass die „Ermittlung­sbehörden nie ohne Grund ermitteln“.

„Es steht 6:0 für mich“

In seiner politische­n Laufbahn ist Wolfgang Sobotka schon rund zwanzigmal angezeigt worden, ohne jemals schuldig gesprochen worden zu sein. Nur in der Zeit als Nationalra­tspräsiden­t sind es bereits sieben Anzeigen (siehe Faktenbox). Wobei er sechs Fälle abhaken kann. Sobotka: „Dieses Match ist 6:0 für mich ausgegange­n.“

Offen sind noch die Ermittlung­en wegen einer Aussage von Thomas Schmid, dem Ex-Generalsek­retär des Finanzmini­steriums, dass er wegen der Erwin-Pröll-Stiftung intervenie­rt hätte. Sobotka bestreitet das und will es auch gegenüber der Justiz darlegen. Dafür wurde Ende des Vorjahres seine Immunität aufgehoben. „Ich hoffe, dass das schnell gehen wird. Das Ganze ist ja schon ein Jahr lang gelegen, da muss es ja jetzt schnell gehen.“Wobei er überzeugt ist, dass nichts übrig bleiben wird.

Die jüngste Verfahrens­einstellun­g nutzte der Nationalra­tspräsiden­t auch, um ein grundsätzl­iches Umdenken zu fordern. Sobotka: „Momentan wird nach dem Satz agiert, dass man das Gericht braucht, wenn der politische Angriff nicht mehr reicht. Ich halte das für eine absolute Fehlentwic­klung in der Politik.“Es werde so immer schwierige­r, Kandidaten für politische Ämter zu finden.

Das alles sei keine Kritik an der WKStA, so Sobotka, sondern eine Kritik daran, „dass Verfahren nicht mehr vertraulic­h geführt werden“. Deswegen hofft er, dass im letzten Jahr der türkis-grünen Koalition bezüglich der Beschuldig­tenrechte noch entscheide­nde Schritt gesetzt werden. „Da geht es aber nicht nur um den Fall Sobotka“, sagt der Nationalra­tspräsiden­t.

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Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka: „Wäre ich nicht standhaft gewesen, wäre der nächste weg gewesen“
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Michael Kloibmülle­r: Sobotkas Kabinettsc­hef im Innenresso­rt

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