Brillenkönig und Öko-Landwirt Günther Fielmann im Alter von 84 Jahren verstorben
Der Unternehmer hat quasi aus dem Nichts Deutschlands größte Optiker-Kette geschaffen, heute leitet Sohn Marc das Unternehmen
Nachruf. „Brille? Fielmann!“Diesen Werbeslogan kennt so gut wie jeder. Fielmann ist die mit Abstand größte OptikerKette in Deutschland und hat zahlreiche Niederlassungen im Ausland – darunter auch in Österreich. Am Mittwoch starb der Gründer der gleichnamigen Optikerkette im Alter von 84 Jahren in seinem Wohnort Lütjensee in Schleswig-Holstein. Das wurde am Freitag bekannt.
Noch bis 2019 war Fielmann Chef des Unternehmens, danach übertrug er die Führung nach und nach an seinen Junior Marc. Nach dem Wechsel zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück, widmete sich vor allem der BioLandwirtschaft und züchtete auf seinen drei Betrieben in
Schleswig-Holstein Pferde, Rinder und Schafe.
Der Unternehmer sah sich immer als ein naturverbundener Mensch vom Land – auch wenn er gern Ferrari fuhr. „Das Leben auf dem Land hat mich geprägt“, sagte er zu seinem 75. Geburtstag. „Schon als Kind träumte ich von einem eigenen Bauernhof.“
Sein Imperium mit mehr als 1.000 Niederlassungen und rund 23.000 Beschäftigten schuf der gebürtige Schleswig-Holsteiner quasi aus dem Nichts. Nach einer unauffälligen Nachkriegsjugend, Optiker-Lehre und einem Berufsstart als Angestellter eröffnete Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren in Cuxhaven sein erstes Geschäft. Das war so etwas wie der Urknall in der verschlafenen Optiker-Branche, die Innovationen desinteressiert gegenüberstand. Fielmann begnügte sich mit einer geringeren Marge, schaltete den Zwischenhandel aus, gab den Kunden Garantien. Sein Motto: „Der Kunde bist Du.“
Moderne Modelle
Der Durchbruch kam 1981, als Fielmann den Krankenkassen die Kassenbrille abhandelte und durch eine Vielzahl von modernen Modellen ersetzte. „Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen“, erinnerte er sich. Kassenbrillen wurden erstattet, wer mehr wollte, musste zahlen – traditionelle Optiker erreichten so Margen von bis zu 30 Prozent.
In Kiel eröffnete Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optik-Fachgeschäft neuer Dimension mit 7.000 Brillen. Ein weiterer Meilenstein war der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland. Zeitweise hatte Fielmann größere Pläne in Europa, doch daraus wurde nie viel. Erst mit dem Eintritt von Sohn Marc in den Vorstand kam ab 2015 mehr Schwung in die Expansion, vor allem südlich der Alpen in Norditalien und Slowenien.
Heute ist das Unternehmen schuldenfrei, hoch liquide und zu mehr als 70 Prozent in Familienbesitz. Längst ist Fielmann nicht nur Händler
und Handwerker, sondern auch Produzent von Brillen mit einem Produktionszentrum in Rathenow.
Der Aufbau des Unternehmens bedeutete viel Arbeit, Zeit für Privatleben blieb kaum. Fielmann hat spät mit 48 Jahren geheiratet und Kinder bekommen. Seine Frau Heikelernte er in der Fielmann-Zentrale kennen, wo sich die damals 19-jährige Studentin als Brillen-Model etwas dazuverdiente. So betrug der Altersabstand zu seinem Sohn Marc 50 Jahre, zu Tochter Sophie-Luise noch mehr. Später bereute Fielmann öffentlich, erst spät Vater geworden zu sein. Die Übergabe an die nächste Generation ist jedoch rechtzeitig geglückt.