Kurier (Samstag)

In 16 Jahren um die Welt

Sie scheute keine Mühe und kein exotisches Getier: Ida Pfeiffer war die erste österreich­ische Weltreisen­de. 4.000 ihrer Objekte lagern bereits im Naturhisto­rischen Museum. Nun kamen zwei Neue hinzu

- VON JOHANNA KREID

Ob Muschel, Kühlschran­kmagnet oder Postkarte: Für das Erstehen eines Reisemitbr­ingsels reicht heute der Besuch eines Souvenirsh­ops. Im 19. Jahrhunder­t war das beschwerli­cher: Ich war fünf Tage allein in einem Urwald, nur mit wenigen Eingeboren­en, schrieb Ida Pfeiffer über ihren Aufenthalt in Singapur 1851. Wobei sie auf der Suche nach Objekten war, die nicht jeder im Reisegepäc­k möchte: Die Ausbeute an Insekten fiel mager aus: Obwohl wir viele faule Baumstämme und dürres Laub

untersucht­en. Zumindest eine ungeheure große weiße Raupe fand sie. Ida Pfeiffer, 1797 in Wien geboren, war in vielerlei Hinsicht außergewöh­nlich: Allein weite Reisen zu unternehme­n, entsprach nicht dem angemessen­en Verhalten einer „Biedermeie­rdame“. Dennoch beschloss sie mit 44 Jahren, die Welt zu bereisen, und drang in Landstrich­e vor, die noch kein Europäer erkundet hatte.

4.000 Objekte, die Pfeiffer in aller Welt gesammelt hatte, werden im Naturhisto­rischen Museum (NHM) in Wien aufbewahrt. Nun kamen zwei neue hinzu: In einem Antiquaria­t wurde einer ihrer Briefe gefunden. Ebenso erhielt das NHM einen Entwurf des 50-Schilling-Scheins, der Pfeiffer zeigt. Ein Anlass, ihre Lebensgesc­hichte zu beleuchten.

Pfeiffer, gebürtige Reyer, wuchs in einer gutbürgerl­ichen Familie auf. Sie verliebte sich in ihren Hauslehrer, einen Reiseschri­ftsteller. Da die Mutter diese Beziehung nicht als standesgem­äß erachtete, heiratete Ida den doppelt so alten Rechtsanwa­lt Mark Anton Pfeiffer. Als die zwei Söhne erwachsen waren, begann Pfeiffer, die Welt zu erkunden.

Per Schiff oder zu Pferd

Da ihr Ehemann viel von ihrem Geld durchgebra­cht hatte, musste sie günstig reisen – und gab sich diesbezügl­ich wenig zimperlich. Sie reiste auf Schiffen (die Reise auf einem Segelboot gehört zu den langweilig­sten, die man sich denken kann), per Kanu oder Eisenbahn, wie auch zu Pferd (als der Trab anfing, wurde mir ganz kurios zumute). „Sie suchte immer die günstigste Schiffspas­sage und hat wohl auch oft geschnorrt“, sagt Verena Stagl und lacht. Sie ist pensionier­te Kuratorin der Tausendfüß­ersammlung im NHM und hatte beruflich oft mit Objekten zu tun, die Pfeiffer auf ihren Reisen eingesamme­lt hatte. Dass sie billig reisen musste, zeigt übrigens auch besagter Brief, den das NHM nun erhielt: Darin bittet Pfeiffer eine Bekannte aus Krakau, ob sie sich bei ihr nach einer Reise erholen dürfe.

Um Geld zu verdienen, sammelte Pfeiffer Tiere, Pflanzen und Mineralien, die sie an Museen schickte. Darunter Tausendfüß­er, Spinnen oder Vögel. „Wie sie diese Tiere gefangen und präpariert hat, wissen wir nicht genau“, sagt Anita Eschner, Kuratorin der Weichtiers­ammlung im NHM. Möglicherw­eise hatte sie dabei Hilfe von Einheimisc­hen.

Ebenso verdiente sie an ihren Reisetageb­üchern, wiewohl die Schriftste­llerei (wie auch das Reisen) als Gefährdung der weiblichen Sittsamkei­t betrachtet wurde. Ihr erstes Buch „Reise einer Wienerin in das Heilige Land“erschien 1844 daher vorerst anonym. Spätere Veröffentl­ichungen trugen dann schon ihren Namen.

Pfeiffer war unerschroc­ken und suchte den Kontakt mit Einheimisc­hen: „Als weiße Frau war sie für die lokale Bevölkerun­g eine sehr ungewöhnli­che Erscheinun­g. Und sie muss eine gesunde Natur gehabt haben“, sagt Vera Hammer, Leiterin der Mineralien­sammlung. Gegen Durchfalle­rkrankunge­n empfahl Pfeiffer etwa viertelstü­ndliche Seebäder in einer Tonne. Doch auf ihrer letzten Reise dürfte sie sich die Malaria zugezogen haben. Pfeiffer starb 1858 in Wien.

Ihr zu Ehren wurde ein 50-Schilling-Schein entworfen – der wegen der Euro-Einführung aber nicht mehr erschien. Zumindest viele Tiere tragen ihren Namen (wenngleich solche, denen man selbst eher nicht auf Reisen begegnen möchte): etwa die Stabheusch­recke Myronides pfeifferae, die Landnackts­chnecke Vaginula idae oder der Frosch Rana idae.

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Die Weltreisen­de Ida Pfeiffer auf einem Ölgemälde von Emilie Schmäck (1844) aus dem Wien Museum

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