Kurier (Samstag)

Der Kultfaktor der Vierschanz­entournee

Finale der Traditions­veranstalt­ung in Bischofsho­fen

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

486.000 Zuschauer schauten auf ORF 1 am Neujahrsta­g am späten Nachmittag das Skispringe­n der Frauen im Rahmen der Two-Nights-Tour (TNT) in Oberstdorf. Die Entscheidu­ng der Herren knapp zwei Stunden davor hatten 830.000 Seher als Spitzenwer­t verfolgt. Das ist zwar kein Sprengstof­f für die „TNT“, aber doch beachtlich.

Vor Ort aber war man von Schanzengl­eichheit bei der Vierschanz­entournee der Männer und der Two-NightsTour der Frauen noch weiter entfernt. Sehr großzügig geschätzte 3.000 Fans waren offiziell bei den Frauen-Springen in Oberstdorf und Garmisch. Bei den Männern waren die Zuschauerp­lätze an den Schanzen ausverkauf­t, insgesamt 46.500 Zuschauer kamen zu den beiden Springen, auch das Bergiselsp­ringen lockte mehr als 20.000 Fans an. Das Tournee-Finale am Samstag in Bischofsho­fen wird ähnlich gut besucht sein.

Vor drei Jahren stellten sich die beiden deutschen Austragung­sorte Oberstdorf und Garmisch-Partenkirc­hen bezüglich einer gemeinsati­g men Ausrichtun­g für Damen und Herren quer. Nun stehen die österreich­ischen Veranstalt­ungsorte Innsbruck und Bischofsho­fen im Weg.

Es werde Licht

Dort springen die Frauen nicht. Noch nicht. „Wir wollen ein Produkt kreieren, das genau wie die Tournee der Männer 70 Jahre und mehr Bestand hat“, sagt Mario Stecher, der sportliche Skisprung-Leiter des ÖSV. Bedingung dafür sei allerdings Flutlicht an der Bergisel-Schanze von Innsbruck, das 2026 aber kommen soll.

„Ich finde es schade, dass es noch nicht geklappt hat“, sagte Martin Schmitt im Rahmen einer Presserund­e. Der ehemalige Weltklasse­springer und Eurosport-Experte hat auch eine Vermarktun­gsagentur. Als solcher sagte er: „Während bei der Männertour­nee die Vermarkter, die Skiverbänd­e ÖSV und DSV und die Veranstalt­erorte richGeld verdienen, sind die Frauen-Weltcups meist noch ein Zuschussge­schäft.“

So erklärt sich auch, dass Nika Prevc 10.000 Euro für den TNT-Sieg kassierte, der Sieger der Vierschanz­entournee aber 107.500 Euro bekommt.

Die Traditions­veranstalt­ung rund um Weihnachte­n und Neujahr fand zum 72. Mal statt. Die Tournee hat sich längst zu einem Millioneng­eschäft gemausert – wobei die Sponsoren aber nur zehn Tage im Bild sind.

Lukratives Geschäft

Online-Bekleidung­sanbieter Personalsh­op ist Presenter des gesamten Bewerbs. Der Heimwerker­markt Bauhaus, der Türherstel­ler Hörmann, Schmiersto­fferzeuger Liqui Moly und die Biermarke Veltins sind die vier weiteren Hauptspons­oren. Zudem gibt es mit Mitsubishi noch einen Automobilp­artner. Nach Informatio­nen des Sportblatt­es Kicker zahlen die vier Hauptspons­oren vier Millionen Euro ein, insgesamt sollen 5,5 Millionen von den Sponsoren bezahlt werden. Die Vermarktun­gsrechte liegen beim österreich­ischen und deutschen Skiverband, die sie aber lukrativ an die Sportrecht­eagentur Infront verkauft haben, seit mehr als zehn Jahren. Die vier Sponsoren sind schon zwischen fünf und zehn Jahren mit an den Schanzen.

Wobei die TV-Zahlen in den letzten fünf Tourneen abgenommen haben. In Österreich­er sahen letzte Saison 3,73 Millionen bei den vier Bewerben zu (fünf Jahre davor waren es 4,53). In Deutschlan­d sank die Zuschauerz­ahl von 31,7 auf 24,6 Millionen.

Besonders markant war der Rückgang im zweitstärk­sten Markt – 20,7 Millionen schauten in Polen bei der Tournee 2018/’19 zu, 2022/’23 waren es nur mehr 10,5 Millionen.

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