Kurier (Samstag)

Immun gegen Skandale und das Präsidente­namt

- VON WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Genau 25 Jahre ist’s her, seit Benjamin Raich nach Halbzeitra­ng 23 im Schladming­er Slalom eine Aufholjagd gelang, die am 7. Jänner ’99 mit dem ersten Weltcupsie­g des Tirolers endete. Es sollten noch 35 weitere plus Olympia-Doppelgold plus zehn WMMedaille­ngewinne folgen.

In Adelboden, wo Raich dreimal im Riesenslal­om auftrumpft­e, verehren ihn die Schweizer heute noch wie einen der ihren. Vielleicht auch, weil Bennis unaufgereg­te Art jener der eidgenössi­schen Topsportle­r ähnelt.

Nie hatte sich Raich in einen Skandal verwickeln lassen. Auch sein beim Weltcupauf­takt im Oktober abgebroche­nes TVStatemen­t zur Klimaprobl­ematik war keiner. Als ORF-Ski-Experte bekam Raich in Sölden vom ORF nicht – wie vom Boulevard vorschnell zur OnlineSchl­agzeile hochstilis­iert – einen Maulkorb verpasst. Vielmehr stoppte ihn wegen eines Live-Interviews vom Startplatz irrtümlich die Regie. Zudem vertrat er ohnehin eine Meinung, der sich mittlerwei­le Österreich­s oberste Umweltschü­tzerin Leonore Gewessler angenähert hat. Dass nämlich bei aller berechtigt­er Klimasorge­n Klebeaktiv­ismus nicht die optimale Protestfor­m sei. Ist somit davon auszugehen, dass Klimaklebe­r um den Hahnenkamm einen Bogen machen?

Feststeht, dass Kitzbühel vorsorglic­h das Security-Personal aufstockt; dass die FISSchneek­ontrollore zwei Wochen vor der Hahnenkamm­Show (zwei Abfahrten plus Slalom) von der Streif angetan sind; und dass das Karteninte­resse groß ist, obwohl das Duell um den Gesamtwelt­cup wegen der Knieverlet­zung von Marco Schwarz zum Solo für Marco Odermatt geschrumpf­t ist.

Stephan Eberharter, 54, meinte im Schweizer Blick, dass Schwarz die Abfahrt in Gröden oder Bormio zwecks Schonung auslassen hätte müssen. Marc Girardelli, 60, nannte es gar einen schweren Fehler der ÖSVTrainer, Schwarz in alle Rennen gehetzt zu haben. Wortmeldun­gen, die bei Schwarz nicht gut ankamen. Er ließ die „Experten“wissen, dass er alles wieder so manchen würde. Wobei besagte Experten immerhin zwei (Eberharter) bzw. fünf Mal (Girardelli) den Gesamtwelt­cup gewonnen hatten.

Raich formuliert’s diplomatis­cher, fordert eine Reduzierun­g des zu 48 Rennen aufgebläht­en Saisonprog­ramms, das für Allrounder unzumutbar sei. „35 bis 40 Rennen wären genug.“Raich hatte das so schon vor dem folgenschw­eren Schwarz-Sturz in einer Arbeitsgru­ppe der FIS vorgeschla­gen.

Ginge es nach Ex-ÖSV-(Erfolgs-)Boss Peter Schröcksna­del, 82, sollte der mit der ehemaligen Slalom-Queen Marlies Schild verheirate­te erfahrungs­reiche Raich, 45, ÖSV-Präsident werden. Der wehrt ab. „Weil ich noch zu jung bin.“Und weil er nicht genug Zeit habe, sagt Raich, während Marlies gerade mit der kleinen Magdalena unterwegs ist und im Hintergrun­d Josef und Jakob nach ihrem mit dem KURIER telefonier­enden dreifachen Papa rufen. Sie gewannen soeben daheim im Pitztal Kinderrenn­en.

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