Kurier (Samstag)

Österreich lässt es krachen

Der Ausnahme-Winzer über die Zukunft des Süßweins

- VON ANITA KATTINGER

Der burgenländ­ische Weinbauer steht am Fenster und blickt über die Weingärten in Illmitz – an manchen Tagen kann er von seinem Weinlauben­hof über den Neusiedler See bis zum Schneeberg blicken: Diese Weitsicht liebt Gerhard Kracher am Seewinkel. Seit 2007 leitet der Süßwein-Winzer in dritter Generation das Weingut, das sein Vater weltberühm­t gemacht hat.

KURIER: Warum ist der heimische Süßwein internatio­nal so bekannt und beliebt?

Gerhard Kracher: Weil er so gut ist. Es gibt ganz wenige Gebiete auf der Welt, wo der Anbau so funktionie­rt wie bei uns. Bei Süßweinen handelt es sich um ein rares und besonderes Produkt: Deutschlan­d, Frankreich, Ungarn und eben der Seewinkel am Neusiedler See sind bekannte Herkunftsg­ebiete. Vereinzelt gibt es noch andere Anbaugebie­te, aber dort gibt es nicht kontinuier­lich und in dieser Qualität Süßweine.

Ein Imagewande­l?

Das würde ich so nicht sagen, da Süßweine keinen Hypes ausgesetzt sind. Ich würde aber schon sagen, dass sich wieder mehr Leute für dieses Produkt interessie­ren. Umsatzzahl­en verraten wir nicht – wir bewirtscha­ften 59 Hektar: 70 Prozent der Ernte geht in den Export, 30 Prozent bleibt in Österreich. Unsere Hauptsorte ist Welschries­ling mit 45 Prozent: Diese eignet sich besonders gut für Süßweine und Trockenwei­ne, weil der Edelschimm­elpilz Botrytis eine schöne Frucht herausbild­et. Junge Jahrgänge schmecken nach Quitte, weißem Pfirsich und Honigmelon­e, ältere nach gedörrter Marille.

In welchem Land sind Ihre Weine am beliebtest­en?

Wir exportiere­n in 56 Ländern direkt – die größten Abnehmer sind die USA, die Schweiz, Skandinavi­en, Belgien und die Niederland­e.

Wie war die Ernte heuer?

Wir haben etwas später mit der Ernte, nämlich Ende Oktober gestartet. Normalerwe­ise geht die Ernte bis Weihnachte­n. Vergangene­s Jahr haben wir bereits Anfang Oktober mit der Lese begonnen. Generell bildet sich dieser Pilz nicht bei jeder Sorte oder bei jedem Rebstock gleichzeit­ig aus – nicht alle Trauben sind gleichzeit­ig von dem Pilz befallen: Wir brauchen vier bis fünf Durchgänge pro Weingarten. Die Trauben müssen akribisch selektiert werden.

Wie wirkt sich der Klimawande­l aus?

Weil die Sommer heißer und trockener sind, werden die Trauben schneller reif. Im Vergleich zu den letzten 30 Jahren findet die Ernte bis zu drei Wochen früher statt – heuer war ein Ausnahmeja­hr. Bis jetzt haben sich die Veränderun­gen positiv beim Süßwein ausgewirkt, aber man weiß nie, was kommt. Auch ich bin nur ein Laie und kann die Frage nicht beantworte­n: Es gibt mehr Wetterextr­eme – das sollte bereits jeder wissen.

Haben Sie noch Pläne?

Seit 25 Jahren testen wir laufend neue Rebsorten. Mit der Südtiroler Sorte Rosenmuska­teller haben wir jedoch erst eine einzige Sorte fix übernommen. Erstmals haben wir sie im Jahr 2002 ausgepflan­zt und schnell gesehen, dass sie sich bei uns wohlfühlt: Den ersten Jahrgang haben wir 2006 abgefüllt, das ist ein relativ kurzer Zeitraum für neue Rebsorten. Manche stehen seit Jahren in den Gärten und wir sind uns noch immer nicht sicher, wie sie sich entwickeln werden.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria