Kurier (Samstag)

„A schon a oide Tschesn“

- VON BIRGIT BRAUNRATH birgit.braunrath@kurier.at facebook.com/BeagleDari­a

Der Beagle ist ein Phänomen. Er rennt bis zur allerletzt­en Sekunde. Nicht einkaufen, bis die Geschäfte schließen, so wie die Zweibeiner. Der Beagle rennt, solange seine vier Beine ihn tragen – und noch ein Stück weiter.

Der Beagle rennt, als renne er um sein Leben. Ehe er einen Schmerz zeigt, beißt er die Zähne zusammen und rennt weiter. Manche Beagles rannten sich tatsächlic­h schon ins Jenseits, weil sie tot zusammenbr­achen. Der Beagle ist so gezüchtet, er ist ein Laufhund, und er ist ein Meutetier. Wenn einer in der Meute Schwäche zeigt, wird er ersetzt. Da kämpft man sich lieber weiter, als zurückgela­ssen zu werden.

Und so staunten wir im Urlaub in den Bergen wieder einmal nicht schlecht, als Daria mit fliegenden Ohren begeistert über die Schneewand­erwege fetzte, dann aber plötzlich roten Urin absetzte.

Ich rief beim örtlichen Tierarzt an, ein Lackerl war rasch aufgefange­n, und schon waren wir in der Praxis des freundlich­en Herrn, der eine Blasenentz­ündung attestiert­e und behandelte.

Beim guten alten Landtierar­zt

Gerade, als ich beschloss, erleichter­t zu sein und mich zu freuen, dass Daria bald wieder gesund und fit und schmerzfre­i, also „wie neu“, sein würde, runzelte der Veterinär die Stirn und fragte: „Wie oid?“

„Dreizehnei­nhalb“, erwiderten wir – nicht ohne Stolz auf unsere Daria. Der Tierarzt murmelte, laut genug, dass wir es hörten: „A schon a oide Tschesn ...“

„Wie bitte?“, entfuhr es mir. Und der ältere Herr (selbst nicht mehr das allerjüngs­te Modell) lächelte milde, als er sagte: „Najo, die ist oid, da derf was wehtun.“

„Aber ihre Oma ist 16 geworden!“, rief ich (sagte jedoch nicht dazu, dass ihre Mama mit 12 an einem Tumor starb). Da schlug er einen väterlich-versöhnlic­hen Tonfall an und brummte: „Beagles san super Hunde, da gibt’s nix. Die hama in der Ausbildung immer g’habt.“

Ja, so sind sie, die Beagles, sozial bis zum Umfallen, zeigen keinen Schmerz, und wenn einer nicht mehr kann, wird er problemlos ersetzt, weil eine Meute keine Rudelkämpf­e kennt.

Wieder daheim, erklärte ich Daria, dass sie ruhig leiser treten dürfe, wenn sie Schmerzen habe. Wir würden immer zu ihr halten und sie nicht ersetzen. Aber sie raffte sich sofort auf und signalisie­rte: „Komm, gehen wir eine Runde!“

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