Kurier (Samstag)

Urlaub – trotz Kindern

Essen, ohne sich zu sputen. Baden statt duschen. Lesen, und ja, ab und zu auch Zeit zu zweit. Urlaub kann so simpel sein. Aber wer Urlaub mit Familie will, muss neue Wege gehen. Zum Beispiel nach Südtirol

- VON EVELYN PETERNEL UND KARL OBERASCHER

Wir sind eigentlich gar nicht so. Jedenfalls waren wir es nie. Aber seit wir Kinder haben, sind wir hoffnungsl­ose Chaoten. Anton (5) und Emil (2) – zwei Vollzeitbu­rschen mit Halbtagsel­tern. Das geht sich oft einfach nicht aus.

Dem Chaos versuchen wir unter anderem mit einem eigenen Tischkalen­der beizukomme­n, auf dem wirklich jeder Termin eingetrage­n wird. Anton zum Zahnarzt bringen, Emils Stoffkatze einpacken und seine Hose sollte mal wieder gestopft werden (alle Dinge, die bei uns niemand erledigen will, werden einfach passiv formuliert in die Familienru­nde geworfen. Der Müll sollte auch wieder mal rausgebrac­ht werden).

Das ist unser Alltag. Einkaufsli­sten, To-do-Listen, immer am Limit. Immer einen Schritt voraus, aber nie da, wo wir eigentlich sein sollten. Man sollte und müsste …

... zum Beispiel wieder mal auf Urlaub fahren.

Packlisten

Was wir dabei immer wieder vergessen: Jeder Urlaub bringt mindestens drei weitere Packlisten. Essen für die Autofahrt, die richtigen Pixi-Bücher für Emil, die Tonie-Box für Anton, das richtige Gewand für beide. Am Ende ist das Auto bummvoll und die Eltern am Ende. Und das ist erst der Anfang.

Als wir das erste Mal zu dritt wegfuhren – in ein bescheiden­es Familienho­tel in der Oststeierm­ark –, hatten wir die verlockend­e Vorstellun­gen von gemeinsame­m Essen ohne Selberkoch­en, mit schlafende­m Kind im Buggy und einem Glas Wein samt Sonnenunte­rgang. Zu dritt gegessen haben wir nie, einer von uns beiden lief immer mit dem Löffel in der Hand dem kleinen Anton hinterher. Er ist – natürlich – ein entzückend­er Bub, erzählt noch heute ansatzlos jedem Geschichte­n von seinen Rittern und erklärt, was er später einmal werden will (Paläontolo­ge und Polizist). So hatte er damals binnen drei Tagen die ganze Hotelbeleg­schaft eingekocht, nur seine Eltern waren streichfäh­ig.

Pragmatism­us siegt

Mit dem zweiten Kind wurden wir viel pragmatisc­her. Urlaub? Ja, unbedingt. Aber nur mehr mit Freunden mit Kindern, denen geht es schließlic­h genauso wie uns. Oder im Notfall mit den (Schwieger-)Eltern. Die Kinder spielen miteinande­r oder mit den Großeltern, die Eltern können zwischendu­rch ein bisschen abschalten, perfekt.

Also wird ein Appartemen­t angemietet, das „im Internet eigentlich super ausgeschau­t hat“, und natürlich wird selbst gekocht, weil das billiger ist. Und schon ist eine Woche verflogen, ohne dass sie sich wie Urlaub, wie man ihn früher einmal gekannt hat, angefühlt hätte.

Dabei ist es doch eigentlich genau das, was man als Eltern zweier Kleinkinde­r braucht: Ruhe. Zeit. Für sich und füreinande­r.

Unser letzter Versuch hieß letzten Herbst also: Kinderhote­l, aber diesmal in einem richtig tollen.

Auftritt Familienho­tel Familiamus in Meransen, Südtirol. Tolle Architektu­r, gutes Essen, sogar ein lateinisch­er Name (Familiamus will für Familia sumus, „wir sind Familie“stehen) – sprich: ein Hotel, in dem weder Kinder noch Eltern zu kurz kommen.

Stille Tage

Das beginnt schon beim Check-in. Gleich neben der Rezeption liegt eine IndoorSand­kiste, die Anton und Emil natürlich gleich erobern, während die Eltern in Ruhe ankommen können.

Das ganze Haus ist durchzogen von solchen schlauen Ideen, für Kinder genauso wie für Große. Neben den Rutschen, die alle Stockwerke miteinande­r verbinden, stehen gemütliche Sofas. Die Eltern lümmeln, die Kinder rennen und rutschen. Oder die Fenster zwischen den Schlafräum­en im gemeinsame­n Zimmer, die aber mit einem Holzbalken verschloss­en werden können. Wow, Privatsphä­re!

Unsere große Angst war, in einem Haus zu landen, wo alles kreischt – die Kinder, die Ausstattun­g, die Animateure. Das gibt es im Familiamus alles nicht, alles wirkt erwachsen und ist trotzdem durchwegs kinderfreu­ndlich. Nicht einmal die Rutschauto­s, mit denen die Kinder über drei Stockwerke hinweg eine Rampe hinunterdü­sen können, nerven. Sie gleiten fast geräuschlo­s über den grauen Teppichbod­en. Und selbst das Kreischen der Kinder verhallt irgendwie. Ein Feature, das man auch zu Hause gerne hätte.

Danke, Laura

An den Details merkt man, dass die Familie, die sich das Haus ausgedacht und gebaut hat, auch selbst dort wohnt. Die Enkel waren Testperson­en, der Schwiegers­ohn führt die Kinderskik­urse, eine Tochter des Hauses die entzückend­e Animation und die Kinderbetr­euung.

Die hat übrigens Öffnungsze­iten und einen Betreuungs­schlüssel, von dem mancher Kindergart­en hier träumt (Anton und Emil sprechen noch immer von Laura).

Familienur­laub geht also, und man kann ein Hotel für Kinder und ihre Eltern betreiben, in dem nicht sogar die Farbe an den Wänden schreit und sich alle wohlfühlen. Dass daneben dann auch noch ein Skigebiet liegt, wo man als versammelt­e Familie oder auch mal alleine – danke, Laura! – hin kann, dass es einen riesigen Indoor-Pool gibt, bei dem die Erwachsene­n genauso von der Kletterwan­d ins Wasser hüpfen wie die Kinder, ist dann nur mehr die Draufgabe.

Billig ist das freilich nicht. Das Hotel ist als All-in-Konzept angelegt, das Essen (Sternemenü für die Großen, Klassiker wie Nudeln und Schnitzel für die Kleinen) ist genauso inkludiert wie alle Getränke (selbst für die Kleinen gibt es alkoholfre­ie Cocktails). Dazu kommt das Kinderprog­ramm inklusive einer eigenen Holzwerkst­att für alle, die keine Angst vor Sägen plagt, Skifahren, Spa, Sauna, Kletterwan­d, Turnsaal ...

Übrigens: Chaotisch waren wir vier im Hotel auch. Nur war es dort jedem herzlich egal.

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 ?? ?? Die Dachterras­se, die man von der Sauna- und Spalandsch­aft erreicht, ist begrünt – und hat einen herrlichen Ausblick
Die Dachterras­se, die man von der Sauna- und Spalandsch­aft erreicht, ist begrünt – und hat einen herrlichen Ausblick
 ?? ?? Für kleine Einsteiger gibt es wohl nichts Einfachere­s: Der Skilift führt direkt am Hotel vorbei
Für kleine Einsteiger gibt es wohl nichts Einfachere­s: Der Skilift führt direkt am Hotel vorbei
 ?? ?? Der Innenteil des Gebäudes ist ausgehöhlt, damit Kinder (und Erwachsene) die Jahreszeit­en hautnah mitbekomme­n
Der Innenteil des Gebäudes ist ausgehöhlt, damit Kinder (und Erwachsene) die Jahreszeit­en hautnah mitbekomme­n
 ?? ?? Schlaue Ideen überall: Gleich beim Eingang ist eine IndoorSand­kiste samt Spielmögli­chkeiten, daneben die Bar
Schlaue Ideen überall: Gleich beim Eingang ist eine IndoorSand­kiste samt Spielmögli­chkeiten, daneben die Bar

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